taz.de -- Lobbyismus der Energiewirtschaft: Regierungsberater gesponsert

Ein Kölner Institut berät die Bundesregierung zum Strommarkt. Geldgeber sind auch Eon und RWE. Einen Einfluss auf die Inhalte hat das angeblich nicht.
Bild: Neutraler Förderer? Stromkonzerne wie Eon finanzieren ein Institut, das die Bundesregierung in Energiefragen berät.

BERLIN taz | Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) arbeitet an einem interessanten Auftrag. Für das Bundeswirtschaftsministerium schreibt es ein Gutachten über sogenannte Kapazitätsmärkte. Dabei geht es um die brisante Frage, nach welchen Regeln sich künftig die Strompreise bilden sollen.

Außerdem verstecken Lobbyisten hinter dem sperrigen Begriff die Forderung nach Subventionen für neue Gas- und Kohlekraftwerke. Die Strompreise an der Börse sind derzeit nämlich so niedrig, dass sich Investitionen in relativ klimaschonende Gaskraftwerke für die Betreiber kaum rechnen.

Also müssen wohl die Verbraucher in einigen Jahren mit milliardenschweren Prämien neue Kraftwerke finanzieren. Bisher gibt sich das Wirtschaftsministerium zurückhaltend, doch das Gutachten des EWI wird die Debatte neu anheizen. Ergebnisse werden für Frühjahr erwartet.

Rahmenvertrag über drei Jahre

Allerdings ist fragwürdig, wie unabhängig das EWI, mit dessen "Energieszenarien" Schwarz-Gelb im Herbst 2010 bereits die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke begründet hatte, wirklich ist. Denn es wird nicht nur von der Landesregierung von NRW, sondern auch von den Energieriesen Eon und RWE finanziell unterstützt. In einem vor drei Jahren geschlossenen Rahmenvertrag sagen sie dem Institut jeweils vier Millionen Euro an Fördergeldern zu.

Die Unternehmen erklären, sie hätten an neuen staatlichen Regeln für den Strommarkt kein Interesse. Signale für Investitionen in neue Kraftwerke sollten aus dem Markt und nicht durch den Staat kommen, sagt ein Eon-Sprecher. Natürlich wollen die Energiekonzerne, dass auf dem Strommarkt alles beim Alten bleibt, denn das hält ihnen neue Konkurrenz vom Leib.

Noch immer beherrschen RWE, Eon, Vattenfall und EnBW deutlich mehr als die Hälfte der Stromerzeugung. Nutzt die Bundesregierung die Einführung von Kapazitätsmärkten, um Kraftwerksprämien nur kleineren Stromanbietern zu zahlen, würde ihre Vormacht geschwächt.

Energieriesen-Geschenk macht Hälfte des Budgets aus

Es geht also um viel Geld, auch beim EWI. Die Professur des Institutsdirektors Marc Oliver Bettzüge wird laut Institutswebsite von zehn Unternehmen bezahlt, von Eon und RWE bis zur Bayerngas GmbH.

"Die von Eon und RWE bereitgestellten Mittel stellen dabei weniger als die Hälfte des dem EWI zur Verfügung stehenden Budgets dar", heißt es dort. Tatsächlich machte ihr Geldgeschenk 2009 genau die Hälfte der Institutseinnahmen aus, dies zeigt der Jahresabschluss des EWI.

Das Institut will darin keine Abhängigkeit erkennen. In den Verträgen des EWI mit seinen Förderern spiele "die Sicherung der Eigenständigkeit und wissenschaftlichen Unabhängigkeit" eine zentrale Rolle, so eine Sprecherin. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht ebenfalls "keinen Anlass, an der Unabhängigkeit der Forschungsarbeit des EWI zu zweifeln".

Merkwürdig: Auf Seite elf des Rahmenvertrags sichern sich Eon und RWE das Recht zu, je einen stimmberechtigten Vertreter in die Berufungskommissionen für neue Professuren zu entsenden. Einige Seiten später locken die Energiemultis mit neuem Geld, wenn die Acht-Millionen-Euro-Förderung 2013 ausläuft, und erklären "die grundsätzliche Bereitschaft, bei einer positiven Evaluation die Förderung im entsprechenden Umfang für weitere fünf Jahre fortzuführen".

11 Dec 2011

AUTOREN

Berkel

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Öffentlich-Private Partnerschaften: Satzungsgemäßes Schmarotzertum

Politiker und Initiativen fordern die Auflösung der Öffentlich-Privaten Beratungsgesellschaft ÖPP Deutschland AG. Vorausgegangen war ein "taz"-Bericht.

Bürger würden mehr für Ökostrom zahlen: Grün ist teurer, aber beliebt

Laut dem Meinungsforschungsinstitut Forsa würden fast zwei Drittel der Bundesbürger für erneuerbare Energien höhere Kosten akzeptieren. Damit setzt sich der Trend früher Umfragen fort.

Umweltrat soll Direktor bekommen: Unabhängigkeit war gestern

Die schwarz-gelbe Regierung drückt dem Umweltrat einen Direktor auf. Dabei ist klar, dass sie die Wissenschaftler mit dem Posten kontrollieren will.

EnBW Aktienkauf in BaWü: Mappus Energiedeal wird untersucht

Der Landtag setzt einen Untersuchungsausschuss zum umstrittenen EnBW-Aktienkauf der CDU-Vorgängerregierung ein. Ex-Landeschef Mappus hofft auf Gerechtigkeit.

Klimaschutzabkommen als Bremse: Kanada kippt Kioto

Die kanadische Regierung bezeichnet das Kioto-Abkommen als "Hindernis" im Kampf gegen Erderwärmung und steigt aus. Tatsächlich entgeht Kanada dadurch einer Milliardenstrafe.

Brennelementesteuer vor dem Aus: Geldsegen für Atomkonzerne

Nach Eon siegt jetzt RWE vor Gericht. Sie erhalten die Steuern auf Brennelemente zurück. Noch steht das Hauptverfahren aus. Dort könnte die Steuer ganz gekippt werden.

Konkurrenz für Stromkonzerne: Stadtwerke wollen Kraftwerke bauen

Die kommunalen Versorger wollen zehn Milliarden Euro in moderne Kraftwerke investieren. Damit wären sie unabhängiger von den großen Stromkonzernen.

Energieversorgung: Grüne schlagen Kohle-Alarm

Die Grünen befürchten, dass Berlins letztes Braunkohlekraftwerk länger am Netz bleibt als vorgesehen. Schuld sei Rot-Rot. Vattenfalls betreitet Verlängerungspläne.