taz.de -- Beisetzung von Kim Jong Il: Sogar Eulen heulen um Kim

Am Mittwoch wird der verstorbene Machthaber Kim Jong Il beigesetzt. Sein Sohn und Nachfolger versucht die Macht zu konsolidieren.
Bild: Die zerreißende Trauer in Pjöngjang darf ein Ende haben.

BERLIN taz | Zu der an diesem Mittwoch in Pjöngjang geplanten Beisetzung des verstorbenen Machthabers Kim Jong Il sind nach nordkoreanischen Angaben keine ausländischen Staatsgäste geladen. Über die Feierlichkeiten gab es sonst keine Angaben. Auch wurde nicht bekannt, ob die Beisetzung live im Staatsfernsehen übertragen wird.

Von der Beisetzung von Kims Vater, dem Staatsgründer Kim Il Sung, wurden 1994 nur Ausschnitte gezeigt. Wie damals erwarten südkoreanische Beobachter auch jetzt, dass der Leichnam in einem Autokorso durch Pjöngjang gefahren wird und das Regime Hunderttausende Menschen an der Strecke mobilisiert.

Bereits am Montag hatten zwei private südkoreanische Delegationen dem Regime in Pjöngjang ihre Aufwartung gemacht. Eine wurde von Lee Hee Ho, der 90-jährigen Witwe des früheren Staatschefs Kim Dae Jung, geleitet, die andere von Hyun Jeong Eun. Sie ist die Witwe von Chung Mon Hun.

Der Chef von Hyundai-Asan hatte 2003 nach Bekanntwerden verdeckter Zahlungen für den innerkoreanischen Gipfel Selbstmord begangen. Die beiden Verstorbenen hatten zentrale Rollen bei der früheren Entspannungspolitik des Südens gegenüber Pjöngjang gespielt. Die Witwen trafen jetzt auch kurz Kim Jong Un, den Sohn und Nachfolger Kim Jong Ils.

Die Natur trauert

In den letzten Tagen war der junge Kim, der 27 oder 28 Jahre alt ist, in den Staatsmedien weiter zum neuen Führer aufgebaut worden. Am Sonntag wurde er erstmals als "oberster Führer" der Streitkräfte und am Montag erstmals auch als Vorsitzender des Zentralkomitees der Arbeiterpartei bezeichnet. Auch als "weiser" Führer wurde er gelobt.

Dies ist ungewöhnlich, da die offizielle Trauerzeit für seinen Vater noch nicht zu Ende ist. Kim könnte es eilig haben, seine Macht zu festigen. Im Unterschied zu seinem Vater, der zwanzig Jahre auf die Führung vorbereitet wurde, ist der junge Kim erst vor 15 Monaten der Öffentlichkeit vorgestellt worden und hat keinerlei Regierungserfahrung.

Ihm wurden seine Tante Kim Kyong Hui und deren Mann Jang Song Thaek an die Seite gestellt. Die 65-Jährigen waren zeitgleich mit Kim Jong Un zu 4-Sterne-Generalen ernannt worden. Die Tante rückte vor einem Jahr ins Politbüro auf, ihr Mann, der den Geheimdienst kontrollieren und gute Militärkontakte haben soll, wurde stellvertretendes Politbüromitglied. Entscheidend wird sein, ob der junge Kim das Militär hinter sich bringt.

Derweil treibt die offizielle Propaganda wieder bizarre Blüten. Die Trauer um Kim Jong Il habe selbst die Natur ergriffen. Den Staatsmedien zufolge habe ein weißer Vogel ("größer als eine Taube") den Schnee von einer Kim-Statue gewischt. Laut Parteizeitung Rodong Sinmun trauerten sogar Eulen: Diese flogen nach seinem Tod am 19. Dezember durch ein geöffnetes Fenster in einem für Kim eingerichteten Gedenkraum in einem Bergwerk. Und auf seinem angeblichen Geburtsort, dem Berg Paekdu, sei plötzlich Eis "mit einem Donnern" gebrochen. An der Bergspitze sei ein Leuchten zu sehen gewesen. Mit solchen Schilderungen wird die Kim-Dynastie als göttlich dargestellt.

27 Dec 2011

AUTOREN

Sven Hansen

ARTIKEL ZUM THEMA

Flüchtlinge aus Nordkorea in China: "Rette meinen Freund"

Bislang schickt China Flüchtlinge aus Nordkorea zurück. Dagegen regt sich jetzt Protest in Südkorea. Helfen würde den Flüchtlingen ein südkoreanischer Pass.

Bruder des nordkoreanischen Machthabers: Kim Jong Un ist nur ein "Symbol"

Kim Jong Nam hält seinen jüngeren Halbbruder nicht für fähig, Nordkorea zu regieren. Nam war im Jahr 2000 in Ungnade gefallen und lebt seitdem im Ausland.

Kein Kurswechsel unter Kim Jong Un: Nordkorea bleibt Nordkorea

Aus Kim Jong Il wird Kim Jong Un, ansonsten ändert sich nichts. Die neue Führung in Nordkorea hat eine Kursänderung in ihrer Politik ausgeschlossen. Und droht, ganz vertraut, Südkorea.

Neuer Diktator in Nordkorea: Macht ist erblich

Nach dem Tod von Kim Jong Il übernimmt nun ganz offiziell dessen Sohn Kim Jong Un die Führung in dem abgeschotteten Staat. Er wurde am Donnerstag zum obersten Führer ausgerufen.

Flucht aus Nordkorea: Von der Welt vergessen

Moon Kyeong Geun war privilegiert, Ji Seong Ho wäre beinahe verhungert. Beide flohen unter Lebensgefahr aus Nordkorea, um zu leben.

Begräbnis von Kim Jong Il: Trauerfinale wie zu Stalins Zeiten

Nordkorea mobilisiert die Massen für die Beisetzung von Ex-Diktator Kim Jong Il. Zehntausende säumen die Rundfahrt des Sarges. Ausländer sind nicht erwünscht.

Kommentar Nordkorea: Pjöngjang führt auch Peking vor

China fürchtet einen Kollaps Nordkoreas. Kim Jong Il wusste damit zu spielen und entlarvte Peking als Papiertiger. Ob Nachfolger Kim Jong Un dies auch beherrscht, ist offen.

Nordkorea nach Kim Jong Ils Tod: Nachbarn beraten über den Neuen

Die Position des neuen Staatschefs Kim Jong Un festigt sich. Er ist nun Oberbefehlshaber der Armee und Parteichef. Japan und China tauschen sich über Stabilität auf der koreanischen Halbinsel aus.

Nordkorea nach Kim Jong Ils Tod: Machtwechsel in Zeiten der Aufrüstung

Chinas Führung signalisiert auch mit der Anteilnahme am Tod des Diktators Kim Jong Il ihre Unterstützung für den neuen Machthaber Kim Jong Un. Doch Peking ist auch besorgt.

Kim Jong Un: Abbild seines Vaters

Er hat noch nie öffentlich gesprochen, ihm fehlen Reife und Netzwerk. Kim Jong Un übernimmt Nordkorea. Entspannung ist auch von ihm nicht zu erwarten.

Nordkoreas Diktator Kim Jong Il: Die Sonne ist untergangen

Er förderte die Massengymnastik, rüstete atomar auf und schickte Störenfriede in Arbeitslager. Nun hat sein Herz versagt. In TV-Bildern schreien verzweifelte Bürger.

Kommentar Kim Jong Il: Pufferstaat Nordkorea

Nordkorea liegt zwischen mächtigen Nachbarn, die einander nicht über den Weg trauen. Für sie ist jeder Kim das kleinere Übel. Reformen sind so nicht zu erwarten.