taz.de -- Kommentar Beobachtermission in Syrien: Die Gewalt eskaliert weiter
Die Beobachter in Syrien trifft zu Recht der Vorwurf, sich für taktische Manöver in Dienst nehmen zu lassen. Ihre Mission kann schon jetzt als gescheitert gelten.
Mit jedem weiteren Tag, den die Delegation der Arabischen Liga in Syrien verbringt, wachsen die Zweifel an der Mission. Das Misstrauen konzentriert sich auf den Missionsleiter, den sudanesischen General Mustafa al-Dabi. Er ist ein enger Vertrauter des sudanesischen Staatschefs al-Baschir, der mit internationalem Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen gesucht wird.
Al-Dabi selbst steht unter Verdacht, an Massakern in Darfur beteiligt gewesen zu sein. Es ist schleierhaft, warum die Arabische Liga sich mit dieser absurden Besetzung zu einer so leichten Beute für ihre Kritiker macht.
Dem Vernehmen nach war al-Dabi ein Kompromisskandidat: Syriens Präsident Assad habe keinen Missionschef akzeptieren wollen, der aus Saudi-Arabien, Ägypten oder sonst einem Syrien kritisch gesinnten Land stammt.
In jedem Fall aber offenbart die Entscheidung einen eklatanten Mangel an Verständnis für den syrischen Konflikt. Das verwundert nicht, denn in den meisten Mitgliedsstaaten der Liga sind ebenfalls autoritäre Regime an der Macht. Ihnen geht es in erster Linie um regionale Stabilität - nicht um Demokratisierung und Menschenrechte. Hintergrund ist die Furcht vor einem Bürgerkrieg in Syrien.
Doch nun scheint die Arabische Liga das Gegenteil dessen zu erreichen, was beabsichtigt war: Die Gewalt hat eher noch zugenommen. Rund 300 Menschen sind Aktivisten zufolge getötet worden, seit die Delegation am 23. Dezember in Syrien eingetroffen ist.
All dies spricht dafür, dass Damaskus nur vordergründig mit der Mission zusammenarbeitet, um Zeit zu gewinnen. Denn die brutale Niederschlagung der Proteste hat nicht nachgelassen. Die Beobachter trifft deswegen zu Recht der Vorwurf, sich für diese taktischen Manöver in Dienst nehmen zu lassen. Ihre Mission kann schon jetzt als gescheitert gelten. Eine letzte Hoffnung, den Konflikt doch noch friedlich zu lösen, ist damit zunichte.
3 Jan 2012
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Einer der Beobachter der Arabischen Liga in Syrien hat aus Protest das Land verlassen. Die Türkei und Zypern stoppen indes militärische Lieferungen aus Russland und Iran an Assad.
Der Task Force Leiter gesteht, dass die Syrien-Beobachtermission fehlerhaft arbeitet. Nun bedürfe es nun der Hilfe der Vereinten Nationen. Es sei aber nicht die Aufgabe, das Töten zu beenden.
Die Gewalt in Syrien nimmt trotz der Beobachter kein Ende. Daher will die Arabische Liga über die Zukunft der Mission reden. Das Regime meldet einen neuen Anschlag auf eine Gas-Pipeline.
Die syrische Protestbewegung warnt die Beobachter der Arabischen Liga vor Täuschungen des Regimes. Namen von Ortschaften sollen geändert worden sein, um die Aufstände zu verschleiern.
In Damaskus sind offenbar Gefechte zwischen Regierungstruppen und Abtrünnigen ausgebrochen. Das berichten Oppositionelle. Sie planen schon für die Zeit nach Assad.
Die arabischen Beobachter haben die Lage in Syrien nicht beruhigen können. Bei den Freitagsprotesten wurden wieder viele Menschen getötet.
Generaloberst al-Dabi, Leiter der Beobachtermission in Syrien, läuft seit einer Woche durch verwüstete syrische Städte voller Leichen und lässt wissen, ihm sei nichts aufgefallen.