taz.de -- Winzige Fliege bedroht Honigbienen: Zappelnde Zombies
Ein bisher nur für Hummeln und Wespen gefährlicher Parasit befällt auch die Honigbienen. Für diese kann die Infektion tödlich sein. Forscher befürchten ein noch schnelleres Bienensterben.
BERLIN taz | Eine parasitäre Fliegenart ist vermutlich mitverantwortlich für das Bienensterben, das in den letzten Jahren wiederholt für Schlagzeilen sorgte. Die Parasiten legen in den Honigbienen ihre Eier ab. Die so infizierten Bienen würden dann orientierungslos die Bienenstöcke verlassen und herumzappeln wie "Zombies", bis sie schließlich sterben, berichten die Wissenschaftler um Andrew Core und John Hafernik von der San Francisco State University im Open-Access-Fachmagazin [1][PLoS ONE].
Bisher wurde der Parasit, eine kleine Fliege (Apocephalus borealis), bei den in Amerika nicht einheimischen Honigbienen nur in Kalifornien und South Dakota entdeckt. Schon länger bekannt ist aber, dass diese Parasiten Hummeln und einige Wespenarten infizieren. Auch bei diesen Insektenarten ist in den letzten Jahren ein Rückgang der Individuenzahlen zu beobachten.
Bei Honigbienen wurde der Parasit jetzt das erste Mal entdeckt. Die Forscher vermuten, dass sie mit den einst aus Europa eingeführten Honigbienen einen neuen Wirtsorganismus gefunden haben.
Da die Honigbienen im Unterschied zu Hummeln und Wespen in großen Gemeinschaften eng zusammenleben, wird befürchtet, dass die Parasiten sich auch viel schneller ausbreiten können.
Bienenstöcke als "Ticket für eine globale Invasion"
Dazu kommt, dass kommerziell genutzte Bienenstöcke über große Strecken transportiert werden. Für den Fliegenparasit sei daher die Honigbiene wie ein "Ticket für eine globale Invasion", schreiben die Forscher in ihrer Onlinepublikation.
Welchen Anteil die Fliegen am Bienensterben haben, ist noch unklar. Bisher wird davon ausgegangen, dass mehrere Faktoren daran beteiligt sind. So stehen verschiedene Viren, Pilze und auf dem Acker eingesetzte Pestizide im Verdacht, den Bienentod mitzuverursachen.
Der wichtigste Auslöser ist jedoch die weit verbreitete Varroamilbe, die die Bienenvölker massiv schwächen kann. Der jetzt von den kalifornischen Forschern bei den Bienen entdeckte Parasit verursacht jedoch ganz neue Krankheitssymptome.
So sammeln sich die befallenen Bienen nachts oder im Dunkeln unter elektrischen Lichtquellen. Dieses Phänomen sei vorher noch niemals bei Honigbienen beschrieben worden, erklären die Forscher.
6 Jan 2012
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Künstlich gehaltene Honigbienen infizieren Hummeln und andere Wildbienen mit Krankheitserregern. Die Pilze und Viren können tödlich sein für die Insekten.
Die EU-Länder streiten sich, ob Pflanzengifte die Bienen schädigen, trotzdem erlaubt bleiben sollen. Zwei Studien liefern neue Argumente für ein Verbot.
Die Imker werfen den Wissenschaftlern vor, bei den Untersuchungen über das Bienensterben den Einfluss industrieller und gentechnischer Landwirtschaft nicht zu berücksichtigen.
Zwei Pestizide haben mindestens 330 Millionen Bienen getötet. Daran verdient hat die Bayer AG. Jetzt werden die Imker böse.
Die Firma Bayer muss badischen Imkern Schadenersatz zahlen, weil ein Pestizid Millionen Bienen vergiftet hat. Der Bund lässt das Mittel jedoch weiter zu.
Ein Pflanzenschutzmittel von Bayer ist schuld am Bienensterben am Oberrhein. Jetzt soll der Konzern Imkern Schadenersatz bezahlen.
Viele Hobbyimker melden schon tote Bienenstöcke. Experten fürchten, der zweite milde Winter in Folge könnte zum Tod von bis zu 450.000 Bienenvölkern führen.
Forscher der Columbia Universität wollen das Rätsel des Bienensterbenes aufgeklärt haben: Ein Kombination aus einem Virus und eine Milbe tötet offenbar die Tiere.