taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Offensive in Homs
In Homs starben bei einem Angriff mit Granaten 17 Menschen. Gerüchten zufolge will Präsident Assad die Stadt "zerstören". Russland weist Kritik an der Haltung im UN-Sicherheitsrat zurück.
BEIRUT/DAMASKUS dpa | Syrien versinkt immer tiefer im Bürgerkrieg. Am Montag schlugen nach Informationen von Aktivisten erneut Granaten in der Protesthochburg Homs ein. Am frühen Morgen starben in der Stadt 17 Menschen. Andernorts seien drei Zivilisten von den Truppen des Regimes getötet worden, hieß es.
Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, ein Offizier, der sich den Aufständischen angeschlossen hatte, habe erklärt, nach heftigen Gefechten in der Ortschaft Al-Rastan hielten sich dort keine Regierungstruppen mehr auf. Al-Rastan liegt in der Provinz Homs.
Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete, die Außenminister der arabischen Golfstaaten wollten sich am kommenden Samstag in der saudischen Hauptstadt Riad treffen, um über den Syrienkonflikt zu sprechen. Einen Tag später sollen dann die Außenminister der Staaten der Arabischen Liga in Kairo zusammenkommen.
Der im Exil lebende ehemalige syrische Landwirtschaftsminister Asaad Mustafa sagte dem Sender, er habe vor zwei Wochen aus dem Kreis um Präsident Baschar al-Assad erfahren, dass sein Regime plane, die Stadt Homs, Ortschaften im Umland von Damaskus, die Ortschaft Dschabal al-Sawija und die Stadt Hama "zu zerstören". Seit Beginn der anfangs friedlichen Proteste gegen Assad im März 2011 wurden nach unabhängigen Schätzungen fast 6.000 Menschen getötet.
"Grenze der Hysterie"
Russland hat die Kritik an seiner Blockade der vom Westen und der Arabischen Liga unterstützten Syrien-Resolution scharf zurückgewiesen. Einige Reaktionen auf das russische Veto gegen den Resolutionsentwurf im Weltsicherheitsrat seien an der "Grenze der Hysterie", kritisierte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag. Er warf der internationalen Gemeinschaft vor, mit der Abstimmung nicht gewartet zu haben, bis er sich selbst ein Bild von der Lage in Syrien gemacht habe. Lawrow reist an diesem Dienstag nach Damaskus.
Zum Ziel der Gespräche mit dem umstrittenen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad äußerte sich Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax nicht. "Wenn ich Ihnen jetzt alles sage, warum dann noch hinreisen", sagte Lawrow. "Es ist traurig, dass die Resolution so ein Schicksal hatte." Viele für Russland und China heikle Punkte seien während der Verhandlungen zwar aus dem Papier gestrichen worden. Dann allerdings sei der Entwurf übereilt zur Abstimmung gegeben worden.
Russland habe ausdrücklich noch um ein paar Tage Zeit gebeten, bis er und Auslandsgeheimdienstchef Michail Fradkow selbst Syrien besucht hätten, sagte Lawrow. Ein Konsens im Sicherheitsrat sei "durchaus realistisch" gewesen. Der Minister betonte, dass sich Russlands Position in der Syrien-Frage nicht geändert habe.
Moskau will eine Resolution nur mittragen, wenn dort ausdrücklich eine militärische Einmischung gegen Damaskus ausgeschlossen ist und beide Konfliktparteien zum Dialog aufgerufen werden. Russland will damit ein ähnliches Vorgehen wie in Libyen verhindern. Bei der Libyen-Resolution hatte sich die Vetomacht enthalten und damit den Weg für ein militärisches Eingreifen freigemacht.
6 Feb 2012
ARTIKEL ZUM THEMA
In Syrien wird eine Eskalation der militärischen Auseinandersetzung eintreten. Die Syrer werden weiter demonstrieren, und sie werden dafür weiter mit dem Leben bezahlen.
Die Führung der Islamisten will ihre Zelte in Damaskus abbrechen. Der Chef der Hamas in Gaza geht auf Distanz zu Syriens Führung, damit er sich selbst nicht ins Abseits bringt.
Im Sicherheitsrat scheitert ein Entwurf an Russland und China. Beide bleiben bei ihrer Androhung eines Vetos. Die Europäer und die Arabische Liga wollen aber nicht aufgeben.
Der Aufstand der Rebellen hat die Vororte von Damaskus erreicht, die Lage ist unübersichtlich. Menschen aus der syrischen Hauptstadt erzählen von ihren Hoffnungen und Ängsten.
Die syrische Opposition hat die Einladung des Kreml bereits abgesagt. Von Russland wäre als Vermittler zwischen den syrischen Kriegsparteien aber ohnehin nicht viel zu erwarten.