taz.de -- Berlinale Staralbum: Isabelle Huppert: Die sich Einlassende
"Ich weiß selber nicht, wie ich das mache", antwortet Isabelle Huppert auf die Frage nach ihrem Erfolgsgeheimnis. "Ich denke nicht zu viel." Vielleicht sei das das Geheimnis.
Wenn Filmemachen eine Reise ist, dann war die Arbeit an "Captive" für Isabelle Huppert die beschwerlichste ihrer 40-jährigen Karriere, aber auch eine der beglückendsten. "Orgasmisch" nennt Schauspielerkollege Sid Lucero auf der Pressekonferenz die Zusammenarbeit mit dem philippinischen Regiestar Brillante Mendoza. So deftig würde Huppert das nie formulieren, doch signalisiert sie durch ein feines Lächeln ihre Zustimmung.
Basierend auf einer realen Geiselnahme aus dem Jahr 2001, hat Mendoza sein Ensemble, bestehend aus Laienschauspielern und Profis, auf eine Odyssee durch den philippinischen Dschungel geschickt. Vorher waren die Darsteller fünf Tage lang auf einem klapprigen Boot zusammengepfercht. Die Dreharbeiten kamen der Realität bedrückend und beeindruckend nahe. "Wir wussten nie, wo wir am nächsten Tag sein würden", erzählt Huppert, ganz Dame mit grauem Kostüm und sanft gelocktem Haar. Es habe zwar ein Drehbuch gegeben, "aber wir sind ihm nicht wirklich gefolgt."
Ob sie sich besonders auf die Rolle einer fiktiven französischen Missionarin vorbereitet habe, wird die 58-Jährige gefragt. Huppert verneint. Auf so einen extremen Dreh könne man sich nicht vorbereiten. "Je weniger du dich vorbereitest, desto besser ist es." Sie habe einfach versucht, sich auf die Situation einzulassen, Teil dieser Gruppe von Schauspielern zu werden, die im philippinischen Dschungel die gleichen Gefühle durchlebt haben wie die echten Geiseln. Bis auf die ständige Todesangst natürlich.
Furchteinflößend müssen aber auch die Darsteller der Islamisten gewesen sein. Jedenfalls, erzählt Regisseur Mendoza, habe Huppert ihn zu Beginn der Dreharbeiten gefragt, ob die Terroristen echt seien. Eine Frage, die man sich auch angesichts Isabelle Hupperts atemberaubend authentischem Spiel stellen kann. "Ich weiß selber nicht, wie ich das mache", antwortet Huppert auf die Frage eines ergrauten Bewunderers nach ihrer Technik, nach ihrem Erfolgsgeheimnis. "Ich denke nicht zu viel." Vielleicht sei das das Geheimnis. "Und die Herausforderung bei diesem Film ist es gewesen, noch weniger zu denken als je zuvor."
Sie habe in ihren extremen Rollen schon viele "schreckliche Orte" gesehen - warum sie sich das immer wieder antue, will ein Journalist wissen. Huppert versteht die Frage zunächst nicht, antwortet aber dann doch: "Für Schauspieler sind die schrecklichsten Orte die angenehmsten."
13 Feb 2012
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