taz.de -- Kommentar Abstimmung im Kosovo: Stolpersteine für Tadic
Die Serben im Norden des Kosovo akzeptieren die Regierung nicht. Die Abstimmung nützt allein der Opposition in Serbien.
Die Regierung in Belgrad hat es nicht leicht. Schon wieder muss sich der Regierungschef Boris Tadic mit Stolpersteinen auf dem Weg zu einem möglichen EU-Beitritt herumschlagen. Diesmal sind es die Serben im Norden des Kosovo, die ihm Ärger machen.
Sie haben sich in einem wild organisierten Referendum gegen die Regierung in Pristina ausgesprochen und damit klar gemacht: Sie akzeptieren die Eigenständigkeit des Kosovo nach wie vor nicht. Die Tadic-Regierung in Belgrad hatte schon im Vorfeld vor einer solchen Abstimmung abgeraten aus Angst, Brüssel könnte daraufhin noch skeptischer mit dem Beitrittsgesuch der Serben umgehen.
Sie haben auch allen Grund dazu. Die EU-Mitgliedsstaaten haben es im Dezember vergangenen Jahres abgelehnt, den Serben den Kandidatenstatuts zu verleihen, obwohl es die Europäische Kommission zuvor vorgeschlagen hatte. Zu unsicher war den 27 EU-Regierungen die Lage im Kosovo. Sie verlangten von Belgrad, entschiedener an der Deeskalation des Kosovo-Konflikts zu arbeiten.
Zuvor war es an den im Norden des Landes mehrfach zu Zusammenstößen zwischen serbischen Nationalisten und KFOR-Soldaten gekommen. 25 Soldaten waren dabei verletzt worden. Die Lage an der Grenze hat sich in der Zwischenzeit beruhigt, auch weil die Tadic-Regierung klar Stellung bezogen und die Ausschreitungen verurteilt hat. Das hat Belgrad Pluspunkte in Brüssel eingebracht. Nun muss Tadic wieder einen Rückschlag hinnehmen.
Ob sich die EU-Politiker allerdings von dem illegal organisierten Referendum beeinflussen lassen, ist ungewiss. Immerhin hat die Regierung in Belgrad sich klar dagegen positioniert und es ist offensichtlich, dass es vor allem die Oppositionsparteien sind, die die Abstimmung im Vorwahlkampf zu den Wahlen in Serbien im Mai nutzen wollen. Sie wollen mit allen Mitteln verhindern, dass es Tadic noch vorher schafft, von der EU den lang ersehnten Kandidatenstatus zu erhalten.
Frühestens bei ihrem Gipfeltreffen Anfang März könnten die EU-Mitgliedsstaaten darüber entscheiden. Bis dahin wird es darauf ankommen, wie glaubhaft Tadic versichern kann, dass er mit den serbischen Nationalisten im Kosovo nichts zu tun haben will und dass seine Regierung an einer friedlichen Nachbarschaft mit dem Kosovo interessiert ist.
16 Feb 2012
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Mit seinem Rücktritt macht der serbische Staatspräsident Boris Tadic den Weg für vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen frei. Er will erneut kandidieren.
Die EU räumt der serbischen Republik den Kandidatenstatus ein. Das ist ein Wahlgeschenk für den amtierenden Präsidenten Boris Tadic in Belgrad.
Die EU-Außenminister empfehlen Beitrittsverhandlungen mit Serbien. Nur Rumänien ist dagegen: Zuerst sollen die Rechte der rumänischen Minderheiten verbessert werden, fordert Bukarest.
Das Kosovo darf zukünftig auf Regionalkonferenzen als Staat auftreten. Dafür dürfte Serbien jetzt den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten.
Wie zu erwarten war, erkennen die Serben im Norden Kosovos die Regierung in Pristina nicht an. Die Abstimmung ist juristisch bedeutungslos, die EU betrachtet sie als problematisch.
Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert, Armut ist verbreitet. Albin Kurti, kosovo-albanischer Oppositionspolitiker, geht nach vier Jahren Unabhängigkeit mit dem Kosovo hart ins Gericht.