taz.de -- Social Shopping mit Pinterest & Co.: Ich pinne also bin ich
Soziale Netzwerke wie Pinterest, Svpply und Polyvore verbreiten Stil und Geschmack ihrer Nutzer im Netz. Eine günstige Form des egalitären Konsums.
Schicke Wohnaccessoires, Jeans, Schmuck, die perfekte Sonnenbrille oder der Superschal - die Produktpalette auf den Seiten Svpply oder Pinterest ist riesig. Ähnlich wie bei Twitter oder Facebook können auf diesen Netwzerkseiten andere User vom Mitglied geadded bzw. gefollowed werden. Die Nutzer sammeln Schätze aus verschiedenen Onlineshops und hängen sie auf ihrer Seite bei Pinterest an die virtuelle Pinnwand.
Speziell bei dieser Seite hängen allerdings massenhaft Cupcake-, Muffin- und Kuchenrezepte, wild lackierte Fingernägel, Einfamilienhäuser, Hochzeitskleider und Fotos von Babies und Babykatzen herum, kommentiert mit "süß" und "Ich bin süchtig danach". Das wirkt im Gegensatz zu Svpply recht bieder und altbacken, gemeinsam ist diesen Sites allerdings der Ausruf: Ich online-shoppe also bin ich.
Sind die schönen Dinge erstmal auf der eigenen Pinnwand beziehungsweise im virtuellen Kleiderschrank verstaut, stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch einen Anlass gibt, die Dinge tatsächlich zu kaufen: Ansehen, posten, sattsehen – man muss ja nicht alles besitzen.
Das Vergnügen, die perfekte Inneneinrichtung, die passende Tapete, die schönsten Bilderrahmen und das hipste Outfit zusammenzustellen, wird den finanzkrisengebeutelten Jägern und Sammlern nicht etwa genommen - es wird lediglich in den kostensparenden virtuellen Raum verlegt.
Gucci wird es überleben
Das heißt nicht, das online nur noch geguckt, geposted und Gucci keine Handtaschen mehr verkaufen wird, aber die Auswahl wird durch diese sozialen Online-Konsumtempel verfeinert. Hinzu kommt, das man sich lokale, kleine Hersteller für die gewünschten Produkte auswählen kann und – im Gegensatz zu Zalando, Vente Privée und anderen Sonderangebots-Onlineshopping-Plattformen – weniger Massenware in der Welt herumschickt. Dort muss man sich zeitig und schnell entscheiden, denn die Bestellung ist nur 15 Minuten reserviert. Danach ist der reduzierte Alessi-Zuckerstreuer oder die 10-Euro-Wolford-Strumpfhose ausverkauft.
Bei Svpply kann man „Später kaufen“ klicken - und sich den Einkauf gut überlegen. Oder man zeigt eben den anderen Shopping-Fans online, in was für einem Haus man wohnen würde, wenn man es sich leisten könnte. Das gute alte "Mein Haus, mein Auto, mein Sofa, meine Sonnenbrille, meine Hochzeitstorte, mein Hund, meine Figur im nächsten Sommer – Spiel" , verlegt in ein Online-Parallel-Universum, kostet so viel weniger Geld – als Zeit.
20 Feb 2012
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Mit Social Media Managern versuchen Unternehmen Shitstorms abzuwehren – und die Reichweite sozialer Netzwerke zu nutzen. Doch so richtig souverän sind sie noch nicht.
Die japanische E-Commerce-Plattform „Rakuten“ investiert 100 Millionen Dollar in „Pinterest“. Die Netzplattform sei geeignet, um Markenartikel zu bewerben.
Alles, was schön ist, pinnt man auf die Bilder-Plattform „Pinterest“. Gar nicht schön ist, dass mit dem Hype des Fotonetzwerks auch die Probleme größer werden.
Die Samwer-Brüder bauen gerne erfolgreiche Websites aus den USA nach. Wieviel sie tatsächlich kopieren, wurde kürzlich bei ihrem „Pinterest“-Klon deutlich.
Keine Investoren? Lass' es von der Crowd bezahlen! Tim Schafer fand niemanden, der sein neues Spiel finanzieren wollte. Jetzt hat er im Netz jede Menge Geld bekommen.
Im Netz dominieren die Männer das Bild. Aber klassische Hürden wie Technik spielen immer weniger eine Rolle. Frauen entdecken das Netz als große berufliche Chance.