taz.de -- Regierung aktualisiert rechte Mordopferzahl: Einige mehr und viele zu wenig
Die Bundesregierung hat die offizielle Zahl der Opfer rechter Gewalt aktualisiert: Mit enthalten sind nun auch die Opfer der Neonazi-Terrorzelle NSU. Initiativen gehen von einer viel höheren Zahl aus.
BERLIN epd/taz | Die Bundesregierung hat einem Zeitungsbericht zufolge die Opfer der Neonaziterrorzelle NSU und einen ermordeten Iraker als Opfer rechtsextrem motivierter Morde nachgemeldet. In der offiziellen Statistik des Bundesinnenministeriums würden jetzt 58 Mordopfer seit der Wiedervereinigung angegeben.
Das seien elf mehr als noch im September 2011 gemeldet wurden, berichtet der Berliner Tagespiegel. In der korrigierten Bilanz seien die zehn Mordopfer der Zwickauer Terrorzelle und der im Oktober 2010 von Neonazis in Leipzig ermordete Iraker Kamal Kilade enthalten.
Um die tatsächliche Opferzahl gibt es seit Jahren Streit zwischen Behörden, Medien und Anti-Rechts-Initiativen. Nach Recherchen von Tagesspiegel und Zeit wurden seit 1990 mindestens 148 Menschen durch rechte Gewalttäter ermordet. Die Amadeu Antonio Stiftung geht sogar von 182 Morden aus.
Die offizielle Statistik speist sich aus den Meldungen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes. Dabei wurden über Jahre in den Ländern sehr unterschiedliche Maßstäbe angelegt, was als rechte Gewalt definiert wird.
Erst vergangene Woche hatte Sachsen zwei Mordfälle aus den Jahren 1996 und 1999 nachträglich als rechtsextrem motiviert eingestuft. Dagegen hält Berlin an seiner bisherigen Statistik mit zwei Todesopfern fest. Initiativen sprechen dagegen von mindestens einem Dutzend Fällen in der Bundeshauptstadt.
21 Feb 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Neonazi-Helfer Carsten S. sagt aus, die Tatwaffe geliefert zu haben, mit der das Zwickauer Trio neun Morde begangen hat. Davon habe er allerdings nichts gewusst.
Ein Staatsakt in preußischer Tradition kann nicht verdecken, was dieses Land wirklich benötigt: Migranten endlich zu deutschen Staatsbürgern zu machen.
Bei der Neonazi-Mordserie haben auch die Medien versagt: Sie ordneten die Taten unter rassistischen Gesichtspunkten ein. Konsequenzen gab es keine.
Das Ausmaß der rassistischen Mordserie sei vielen noch nicht bewusst, findet Barbara John. Sie kümmert sich als Ombudsfrau um Opfer-Angehörige.
Die Ombudsfrau für die Angehörigen der Terroropfer der Zwickauer Zelle, Barbara John, beginnt ihre Arbeit. Die Angehörigen seien jahrelang alleine gelassen worden, sagt John.