taz.de -- Oscar-Verleihung: Wo der Stummfilm laut gefeiert wird

Hollywood liebt "The Artist": Der französische Stummfilm räumte gleich fünf Oscars ab, dicht gefolgt von "Hugo Cabret". Deutsche Filme gingen leer aus.
Bild: Oscar-Verleihung in Hollywood.

LOS ANGELES dapd | Der Stummfilm "The Artist" ist der große Gewinner der 84. Oscar-Verleihung. Er gewann in der Nacht zum Montag fünf der begehrten Trophäen, unter anderem in den wichtigen Kategorien "Bester Film", "Beste Regie" und "Bester Hauptdarsteller".

Wim Wenders' 3D-Tanzfilm "Pina" bekam keinen Oscar. In der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" wurde er von dem US-Film "Undefeated" geschlagen. Der Kurzfilm "Raju" des norddeutschen Regisseurs Max Zähle ging ebenso leer aus. Auch Kostümdesigerin Lisy Christl ("Anonymus") hatte das Nachsehen.

Michel Hazanavicius' Filmexperiment war als Favorit ins Oscar-Rennen gegangen und wurde allen Erwartungen gerecht. Zwar gewann Martin Scorseses 3D-Film "Hugo Cabret" ebenfalls fünf Oscars, "The Artist" räumte aber in den entscheidenden Kategorien ab. Er ist seit 83 Jahren der erste Stummfilm, der einen Oscar gewinnt. Neben dem Preis als bester Film, wurden Regisseur Hazanavicius und sein Hauptdarsteller Jean Dujardin geehrt. Dujardin ist der erste Franzose, der in der Hauptdarsteller-Kategorie einen Oscar erhält.

Bei "The Artist" gefielen den Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences außerdem die Kostüme von Mark Bridges und die - für den Stummfilm so wichtige - Musik von Ludovic Bource. Scorseses Film räumte in den Technik-Kategorien, bei der Kameraarbeit, bei Ton, Tonschnitt, visuellen Effekten und beim Szenenbild ab. An dem Oscar für die besten visuellen Effekte war das Frankfurter Pixomondo-Studio maßgeblich beteiligt.

Meryl Streep bekommt ihren dritten Oscar

Während die Macher von "The Artist" zum allergrößten Teil Oscar-Neulinge waren, war US-Schauspielerin Meryl Streep zum mittlerweile 17. Mal nominiert. Für ihre Verkörperung der ehemaligen, britischen Premierministerin Margaret Thatcher in "Die Eiserne Lady" bekam die 62-Jährige unter großem Applaus ihren dritten Oscar. Zuletzt hatte sie die Auszeichnung vor rund 30 Jahren für ihre Rolle in "Sophies Entscheidung" bekommen. Streep war sichtlich bewegt und bedankte sich bei vielen ihrer Wegbegleiter in ihrer beispiellosen Karriere. Preise seien schön, aber viel wichtiger seien Freunde, sagte sie.

Seinen vierten Oscar bekam Woody Allen für sein Drehbuch zu "Midnight in Paris", bei dem er auch Regie führte. Er nahm seinen Preis nicht persönlich entgegen.

Als beste Nebendarsteller wurden die US-Schauspielerin Octavia Spencer ("The Help") und der Kanadier Christopher Plummer ("Beginners") ausgezeichnet. Der 82 Jahre alte Plummer ist damit der älteste Oscar-Preisträger aller Zeiten.

Das fünffach nominierte Familiendrama "The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten" wurde immerhin mit einem Oscar bedacht - dem für das beste adaptierte Drehbuch, an dem auch Regisseur Alexander Payne mitgeschrieben hat. Die beiden sechsfach nominierten Filme "Die Kunst zu gewinnen - Moneyball" und "Gefährten" gingen leer aus.

Die Auszeichnung für den besten nicht-englischsprachigen Film ging an die iranische Produktion "Nader und Simin - Eine Trennung" von Asghar Farhadi. Der Film hatte im vergangenen Jahr den Goldenen Bären bei der Berlinale gewonnen und ist der erste iranische Film, der einen Oscar bekommt.

Billy Crystals neunte Show

Zum besten Filmsong wurde "Man or Muppet" aus dem Film "Die Muppets" gewählt. Kermit und Miss Piggy waren auch unter den Präsentatoren der von Billy Crystal souverän und durchaus unterhaltsam moderierten Show, die ganz im Zeichen der Nostalgie stand. Dazu passte irgendwie auch, dass Crystal nach acht Jahren wieder als Oscar-Gastgeber zurückgekehrt war. Es war seine neunte Moderation der Gala, weshalb er sich gleich zu Beginn selbst "War Horse" nannte, in Anspielung auf den englischen Titel des nominierten Filmes "Gefährten".

Er machte zudem immer wieder Witze über den Namen des Veranstaltungsort. Nach der Pleite von Eastman Kodak kann er nicht mehr Kodak Theatre heißen, sondern hat erst einmal den Namen des Komplexes, in dem er sich befindet, "Hollywood and Highland Center", bekommen.

Außerdem nahm Crystal die Veranstaltung selbst auf die Schippe, indem er sagte, nichts sei so gut gegen die Wirtschaftskrise, wie Millionären dabei zuzusehen, wie sich gegenseitig goldene Statuen überreichten.

27 Feb 2012

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