taz.de -- Kommentar Russland: Putins bitterer Sieg
Der russische Herrscher wird die Wahlen am Sonntag gewinnen. Doch sein Markenkern ist kaputt. Er kann lediglich den eigenen Abstieg verwalten.
Wladimir Putin wird aus den Präsidentschaftswahlen am nächsten Sonntag wohl schon im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervorgehen. Und selbst wenn es knapp ausgehen sollte: Das Regime Putin verfügt noch über ausreichend Personal und Methoden, den Durchmarsch zu organisieren. Daran ändern auch anhaltende Massenproteste der Opposition in den Städten nichts.
Dennoch haben die Unzufriedenen die Koordinaten des Systems verschoben. Putin baute bislang auf seinen Nimbus als Garant der Stabilität. Putin oder Chaos lautete die Alternative. Der "nationale Lider" aus der KGB-Schule mutierte zum Herrscher von Gottes Gnaden, unberührbar und dem Zugriff alles Weltlichen entzogen.
Diese Aura ist dahin und entblösst ihre tragikomische Seite, wenn der Wahlkämpfer im Stadion zur Schlacht um Russland aufruft und im Rückgriff auf die Literatur Aufopferung bis zum Letzten beschwört. Weder geht Russland unter noch muss es verteidigt werden. Lediglich die Marke Putin zieht nicht mehr.
Das Tragische ist, dass der Pantokrator durch die Entscheidung in den Kreml zurückzukehren, sich den Boden unter den Füssen selbst wegzog und das politische System eigenhändig destabilisierte. Der bisherige Konsens hat ausgedient.
Wahlkämpfer Putin treibt bewusst einen Keil zwischen Intelligenz und städtische Mittelschichten auf der einen und der ärmeren Bevölkerung auf dem Lande und in der Provinz auf der anderen Seite. Mit dem Ziel, sich selbst zu retten. Nach der Rückkehr in den Kreml wird dem Präsidenten nichts anderes übrig bleiben, als die eigene Demontage zu administrieren.
27 Feb 2012
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