taz.de -- Welttag gegen Internet-Zensur: Iran, China, Syrien überwachen stärker
Laut einem Bericht der „Reporter ohne Grenzen“ hat sich 2011 die Netzzensur in Syrien, China und dem Iran verstärkt. Insgesamt zwölf Länder gelten demnach als „Feinde des Internets“.
PARIS/BERLIN dpa | Der Iran und China haben die Internet-Überwachung nach einem [1][Bericht] der Organisation Reporter ohne Grenzen im vergangenen Jahr deutlich verstärkt. Das kommunistische Regime in Peking übe massiven Druck auf private Online-Firmen aus, damit diese bei der Zensur helfen. Der Iran wolle ein "nationales Internet" einrichten, das vom Rest der Welt abgeschottet ist. Stark verschlechtert habe sich die Lage in Syrien, berichtete die Organisation am Montag anlässlich des Welttags gegen Internet-Zensur.
In seinem aktuellen Bericht bezeichnete Reporter ohne Grenzen zwölf Länder als "Feinde des Internets", weil sie Online-Inhalte stark filtern, den Netz-Zugang beschränken, "Cyber-Dissidenten" verfolgen und Propaganda verbreiten. Neu auf dieser Liste sind der Golfstaat Bahrain und Weißrussland.
In Syrien sei das Regime von Präsident Baschar al-Assad nicht nur auf den Straßen brutal gegen die Opposition vorgegangen. Es habe auch das Internet rigoros zensiert, um die Verbreitung von Nachrichten zu unterdrücken. Dabei habe es Unterstützung vom Iran bekommen.
Verbesserung in Libyen
Als weitere "Feinde des Internets" benennt die Organisation Birma, Kuba, Nordkorea, Saudi-Arabien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam. Verbesserungen sieht Reporter ohne Grenzen dagegen in Libyen. Nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi sei eine "Ära der Zensur" zu Ende gegangen.
Immer häufiger werden Blogger und Online-Journalisten wegen ihrer Aktivitäten unter Druck gesetzt. Mindestens 199 seien im vergangenen Jahr festgenommen worden, rund 30 Prozent mehr als 2010. Derzeit seien weltweit 120 Blogger und Online-Aktivisten in Haft, vor allem in China, Vietnam und im Iran.
14 Länder stehen bei Reporter ohne Grenzen "unter Beobachtung", darunter demokratische Länder wie Frankreich und Australien, unter anderem weil sie Inhalte im Netz filtern oder die Einführung eines Filtersystems planen. Am Montagabend zeichnet die Organisation in Paris einen Blogger oder Online-Journalisten für sein Engagement für Meinungsfreiheit im Internet aus.
12 Mar 2012
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Vor einem Jahr begann der Aufstand in Syrien. Die Aktivisten von „Adopt a Revolution“ in Berlin unterstützen ihn – mit Informationen und Geld.
Der Krieg gegen den Iran hat längst begonnen. Seit Jahren verschärft der Westen die Wirtschaftssanktionen und nimmt die unkalkulierbaren Folgen in Kauf.
Guido Westerwelle spricht bei seinem Saudi-Arabien-Besuch von einer „jemenitischen Lösung“ für Syrien: Assad solle ins Exil gehen, damit wieder Frieden einkehren kann.
15 Tage haben Google und Facebook Zeit, Inhalte von ihren Websiten in Indien zu löschen. Das schreibt ein Gesetz vor. Falls das nicht geschieht, drohen chinesische Verhältnisse.
Twitter verursacht heftige Proteste wegen der Ankündigung, Inhalte länderspezifisch sperren zu wollen. Google macht derweil recht lautlos genau das Gleiche.
Mit einem neuen Filter will Twitter einzelne Tweets in bestimmten Ländern sperren – anderswo bleiben sie abrufbar. Offenbar will Twitter die Präsenz in zensurfreudigen Ländern aufbauen.
Laut Jahresbilanz von Reporter ohne Grenzen war 2011 für JournalistInnen in Krisenregionen ein gefährliches Jahr. Auch die Internetzensur nahm deutlich zu.
Zugangsfilter sollen türkische Bürger vor Pornografie und "separatistischer Propaganda" schützen. Noch sind sie freiwillig – Kritiker befürchten, dass das nicht so bleibt.
Zum "Schutz" vor "anstößigen" Inhalten verschärft Erdogans Regierung die Netzzensur. Junge Leute demonstrieren gegen die Einschränkung der persönlichen Freiheit.
Fang Bingxing ist verhasst in der chinesischen Netzgemeinde. Er ist verantwortlich für Internet-Zensur. Studenten begrüßten ihn nun mit Eiern und Schuhen.