taz.de -- Ehegattensplitting für Homo-Paare: Liberale fordern Steuergleichheit
Finanzverwaltungen wollten bis zu einem Grundsatzurteil Homo- und Hetero-Ehen gleich behandeln. Doch Finanzminister Schäuble (CDU) legte ein Veto ein. Nun setzt sich die FDP dafür ein.
BERLIN dpa | Homosexuelle Paare sollen nach dem Willen der FDP in den Genuss aller Steuerprivilegien von Eheleuten kommen. Von 2013 an sollten auch eingetragene Lebenspartnerschaften vom Ehegatten-Splitting profitieren, fordern FDP-Chef Philipp Rösler und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Dies sollte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im aktuellen Jahressteuergesetz verankern. Widerstand kommt vor allem aus der CSU.
In einem Brief an Schäuble schreiben der Vizekanzler und die Justizministerin: „Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, insbesondere gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abzubauen.“ Damit würde auch die Rechtsunsicherheit durch die unterschiedliche Handhabung durch Finanzverwaltung und Finanzgerichte beendet, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren oder nicht, heißt es in dem Schreiben.
Durch das Ehegattensplitting wird die Steuerbelastung von Eheleuten gesenkt. Die Vorschrift gewährleistet, dass das Finanzamt die Einkünfte der Eheleute bei der Einkommensteuererklärung addiert und dann gleichmäßig auf Mann und Frau verteilt. Derzeit sind beim Bundesverfassungsgericht diverse Verfahren zur Frage des Ehegattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften anhängig.
Mehrere Finanzgerichte hatten bereits entschieden, dass ein homosexuelles Paar bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das Ehegattensplitting in Anspruch nehmen kann. Die bei der Einkommensteuer vorgenommene Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften könne verfassungswidrig sein.
Steuerexperten von Bund und Ländern waren daher bereit, Rechtsschutz zu gewähren und negative Einkommensbescheide unter Vorbehalt zu stellen – bis das Verfassungsgericht diese Frage geklärt hat. Doch Schäuble legte sein Veto ein, um die Verhandlungsposition des Bundes nicht zu beeinträchtigen.
Das letzte große Steuerprivileg
Mit den Urteilen der Finanzgerichte gerät das letzte große Steuerprivileg der Ehe gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften ins Wanken. Beim Erbschaft-, Schenkung- sowie Grunderwerb-Steuerrecht gibt es keine Ungleichbehandlung mehr. Karlsruhe hatte auch in der Hinterbliebenenversorgung eine Ungleichbehandlung verworfen. Die Bundesregierung hatte zudem eine Gleichstellung von Lebenspartnern im Vermögensbildungs- sowie Wohnungsbauprämiengesetz angekündigt.
2010 lebten 23.000 gleichgeschlechtliche Paare als eingetragene Lebenspartnerschaft. Die Gewährung des Splittingtarifs für die eingetragene Lebenspartnerschaft würde jährlich 30 Millionen Euro kosten. Dies entspricht nach Berechnungen des Berliner Steuerrechtsexperten Frank Hechtner gerade einmal 0,2 Prozent der Mindereinnahmen, die der Splittingtarif für Ehegatten verursacht. Derzeit verzichte der Staat auf fast 15,5 Milliarden Euro pro Jahr.
23 Mar 2012
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