taz.de -- Steuerabkommen mit der Schweiz: Stimmen sind wichtiger als Geld

Die Opposition hält Zugeständnisse der Schweiz weiter für unzureichend. Die SPD-Länder bleiben hart, Finanzminister Schäuble gibt sich optimistisch.
Bild: Hofft beim Finanzabkommen mit der Schweiz weiter auf die Zustimmung der Länder: Wolfgang Schäuble.

BERLIN taz | Überraschung in der Nacht zu Freitag: Nach offenbar langer Debatte haben sich die Länder-Ministerpräsidenten von SPD und Grünen darauf geeinigt, dass zwischen der Schweiz und Deutschland ausgehandelte Steuerabkommen weiterhin abzulehnen. Die Länder hätten erklärt, sie seien „im Augenblick nicht bereit, das Abkommen in der vorliegenden Form zu unterstützen“, sagte die Sprecherin des Bundesfinanzministeriums, Marianne Kothé.

Damit setzten sich die Ministerpräsidenten über jene Länderfinanzminister hinweg, die nach diversen Zugeständnissen zu einer Zustimmung bereit waren. Möglicherweise will die SPD-Führung verhindern, in den anstehenden Landtagswahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein als zu nachgiebig gegenüber Steuerflüchtlingen angegriffen zu werden.

Das Abkommen mit der Schweiz sieht vor, Schwarzgeld gegen eine einmalige Nachversteuerung und eine künftige Quellensteuer auf die Erträge zu legalisieren. Die Besitzer bleiben anonym und sind künftig vor Strafverfolgung geschützt. Nachdem SPD und Grüne angekündigt hatten, das Abkommen im Bundesrat scheitern zu lassen, hatte die Schweiz zuletzt höhere Steuersätze angeboten, und der Bund hatte den Ländern einen größeren Anteil an den erwarteten Steuereinnahmen in Aussicht gestellt.

Ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht

Doch dies langte nicht, um die Länder umzustimmen. „Wir haben nach wie vor große Probleme mit diesem Abkommen“, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu Reuters. Der Umgang mit Steuerhinterziehung sei eine „fundamentale Gerechtigkeitsfrage“.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist dennoch optimistisch, am Ende zu einer Einigung zu kommen. Das Abkommen werde nun unter Berücksichtigung der jüngsten Angebote der Schweiz wie geplant ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, sagte Schäubles Sprecherin Kothé. Man hoffe dass die Länder doch noch zustimmen, „wenn die eine oder andere Landtagswahl vorbei ist“. Ziel sei weiterhin, dass das Abkommen zum Januar 2013 in Kraft trete.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßte die Haltung der Länder und forderte ein endgültiges Aus für das Abkommen. Statt dieses nachzubessern solle die Bundesregierung „ab sofort die Bemühungen der EU-Kommission für einen automatischen Informationsaustausch aktiv unterstützen“, forderte Steuerexperte Detlev von Larcher.

30 Mar 2012

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

ARTIKEL ZUM THEMA

Razzien bei deutschen Credit-Suisse-Kunden: Steuerfreie Bermudaversicherungen

Mit sogenannten Scheinversicherungen haben deutsche Kunden der Credit Suisse Milliarden Euro an der Steuer vorbeigeschleust. Die Bank rät zur Selbstanzeige.

Steuerabkommen mit der Schweiz: Freikauf für Steuersünder

Vermögen auf Schweizer Konten soll durch ein neues Abkommen legalisiert und nachträglich versteuert werden. Rot-Grün ist dagegen.

Steuersünder-CD aus der Schweiz: Haftbefehl gegen deutsche Fahnder

Wegen Wirtschaftsspionage wird in der Schweiz gegen drei Steuerfahnder aus NRW ermittelt, die 2010 eine CD mit Bankdaten kauften. Deutsche Politiker sind empört.

Steuerabkommen mit der Schweiz: Rot-Grün fordert mehr Knete

Durch ein Abkommen mit der Schweiz sollen Abgaben auf das Geld deutscher Steuerbetrüger erhoben werden. Doch die Sätze sind SPD und Grünen zu niedrig – das Abkommen droht zu scheitern.

Steuerabkommen mit der Schweiz: SPD-Länder lassen sich wohl kaufen

Für einen größeren Anteil werden einige oppositionsgeführte Bundesländer dem umstrittenen Deal mit der Schweiz offenbar zustimmen. Es hagelt Kritik.

Steuerabkommen mit der Schweiz: Bundesregierung bremst EU aus

Deutschland blockiert die Verschärfung einer EU-Richtlinie gegen Steuerflucht. Kritiker sprechen von Erpressung, um ein Abkommen mit der Schweiz durchzudrücken.

Steueramnestieabkommen mit Schweiz: EU gegen Schäubles Steuerdeal

Wegen des Abkommen mit der Schweiz droht Deutschland nun ein Vertragsverletzungsverfahren. Die EU-Kommission verlangt Änderungen in dem Vertrag.