taz.de -- Günter Grass wehrt sich: „Verletzend und nicht würdig“
Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat nun doch auf die scharfe Kritik an seinem Gedicht reagiert. Er fühlt sich missverstanden und sieht eine Kampagne gegen sich.
HAMBURG dpa/taz | Literaturnobelpreisträger Günter Grass fühlt sich mit seinem Israel-Gedicht von den Kritikern missverstanden und sieht eine Kampagne gegen sich.
„Der Tenor durchgehend ist, sich bloß nicht auf den Inhalt des Gedichtes einlassen, sondern eine Kampagne gegen mich zu führen und zu behaupten, mein Ruf sei für alle Zeit geschädigt“, sagte Grass in einem Interview des NDR am Donnerstag.
Grass hatte am Mittwoch den Text „Was gesagt sein muss“ als Gedicht veröffentlicht. Darin heißt es: „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.“ Dies hatte eine Welle der Empörung gegen den 84-jährigen Autor ausgelöst.
Grass sagte dazu nach NDR-Angaben: „Es werden alte Klischees bemüht. Und es ist zum Teil ja auch verletzend. Es wird sofort, was ja auch zu vermuten war, mit dem Begriff Antisemitismus gearbeitet. In einer der Springer-Zeitungen stand, der ewige Antisemit, das ist eine Umkehrung des 'ewigen Juden'. Das ist schon verletzend und ist demokratischer Presse nicht würdig.“
Weiter sagte der Schriftsteller: „Es ist mir aufgefallen, dass in einem demokratischen Land, in dem Pressefreiheit herrscht, eine gewisse Gleichschaltung der Meinung im Vordergrund steht und eine Weigerung, auf den Inhalt, die Fragestellungen, die ich hier anführe, überhaupt einzugehen.“
5 Apr 2012
ARTIKEL ZUM THEMA
Der alte Autor fällt ins Denken der Nazizeit zurück und wähnt sich als Opfer von Verschwörungen. Praktisch für ihn, denn dann muss er sich selbst nicht in Frage zu stellen.
Viel Ego, wenig Nüchternheit: Grass hat es sich und seinen Kritikern zu leicht gemacht. Im schlimmsten Fall nutzt er damit den Falken, die den israelischen Angriff wollen.
Israels Regierungschef stimmt in die Kritik am Gedicht von Günter Grass ein. Unterstützung erhält der Nobelpreisträger von Schriftstellern – und von der NPD.
Im Fernsehen hat Günter Grass seine Kritik an Israel noch einmal bekräftigt. Er meint: „Ich werde hier an den Pranger gestellt“. Der Streit um die Aussagen des Schriftstellers hält an.
Aus aktuellem Anlass dokumentieren wir das umstrittene Gedicht des deutschen Literaturnobelpreisträger Günter Grass „Was gesagt werden muss“ in vollem Wortlaut.
Weder die Politik noch die meisten Medien in Israel schenken Günter Grass' Text zu Israel und dem Iran große Beachtung. Der Historiker Tom Segev äußert Kritik.
Günter Grass entschuldigt mit einem Gedicht sein langes Schweigen über die Furcht, als Antisemit abgestempelt werden zu können. Das aber ist falsch und perfide.
Günter Grass geht mit sich und deutscher Geschichte auf eine Weise unaufrichtig um, die politisch verhängnisvoll ist. Eine Entgegnung auf den apokalyptischen Dichter.
Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat in einem Gedicht die israelische Politik gegenüber dem Iran kritisiert. Gleichzeitig bekundete er seine Verbundenheit mit Israel.