taz.de -- Geflügelfarm Wiesenhof: Tierquälern droht doch noch Strafe
Das Thema Tierquälerei ist für die Wiesenhof-Mitarbeiter noch nicht vom Tisch. Die Generalstaatsanwaltschaft ordnet jetzt neue Ermittlungen gegen den Geflügelhof an.
BERLIN taz | Die Chefs und mehrere Mitarbeiter von Deutschlands größtem Geflügelfleischkonzern Wiesenhof kommen möglicherweise doch noch wegen Tierquälerei vor Gericht: Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat angeordnet, die Ermittlungen wegen Misshandlung von Hühnern auf einer Farm in Twistringen wieder aufzunehmen.
Die Staatsanwaltschaft Verden hatte das [1][Verfahren Ende Dezember eingestellt]. Allerdings nicht etwa, weil die Beschuldigungen falsch wären – sondern weil ein Video, das zum Beispiel das Genickbrechen von Hühnern ohne Betäubung zeigt, der Behörde zufolge „rechtswidrig“ aufgenommen worden und deshalb nicht beweiskräftig ist.
Dem widerspricht nun der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. „Angesichts des Ausmaßes der möglichen Vergehen gegen das Tierschutzgesetz sind wir zu dem Schluss gekommen, dass kein Beweisverwertungsverbot vorliegt“, sagte Jörg Fröhlich der taz. „Das ganze Verfahren kriegt eine neue Wendung.“
Damit stellt sich Fröhlich gegen die Staatsanwaltschaft Verden, die ihren Einstellungsbescheid auch damit begründet hatte, dass die heimlichen Filmaufnahmen „die Privatsphäre“ der beschuldigten Mitarbeiter verletzt hätten und es nur um Delikte mit geringem Strafmaße gehe.
Die [2][Tierrechtsorganisation Peta] hatte gegen den Bescheid Beschwerde eingelegt. Das ARD-Magazin Report Mainz strahlte das Video im Januar 2010 aus und löste damit eine Debatte über die Zustände in der Massentierhaltung aus.
Die damalige Pächterin der Farm und ihr Mann wurden für den taz Panter Preis nominiert, weil sie die Tierquälereien mit Hilfe der Tierrechtsorganisation Peta öffentlich machten und aus dem Geschäft ausstiegen. Der Fall könnte auch Maßstäbe dafür setzen, wann Rechercheure verdeckt Videos von gesellschaftlichen Missständen drehen dürfen.
6 Apr 2012
LINKS
ARTIKEL ZUM THEMA
Jürgen Trittin hat sein Ehrenamt als Nachhaltigkeitsbotschafter bei Werder Bremen niedergelegt - wegen des neuen Trikot-Sponsors Wiesenhof Dessen Geschäftsmodell werde zu Recht kritisiert.
Es hagelt Proteste gegen den Geflügelfabrikanten „Wiesenhof“ als möglichen Sponsor von Werder Bremen. Dabei hatte der Verein schon früher fragwürdige Geldgeber.
Ein Züchter in Norddeutschland soll seine Enten unter sogenannten Qualzuchtbedingungen halten. Der Fleischproduzent Wiesenhof gibt an, die Zusammenarbeit beendet zu haben.
Luftbilder, Nachtsichtgeräte und Wachposten: Unter großem Aufwand dringen Aktivisten der Tierrechtsorgansation Peta nachts in einen Schweinestall ein.
Bei einer Routinekontrolle wurden auf dem Geflügelschlachthof Möckern hygienische Mängel festgestellt. Der Betrieb wurde vorübergehend eingestellt.
Moralisch und politisch ist die Einstellung der Ermittlungen gegen Wiesenhof eine Niederlage für den Konzern und die Massentierhaltung insgesamt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr wegen Misshandlung von Hühnern auf einer Farm von Wiesenhof. Der Beweisfilm sei "rechtswidrig" aufgenommen.
Die Aktivisten von Peta setzen auf Provokationen, um öffentliches Gehör zu finden und potenzielle Spender zu erreichen. Und um Tiere zu schützen.