taz.de -- DAILY DOPE (551): Ein alter Bekannter

Hans-Michael Holczer hat nicht das erste Mal mit gedopten Radfahrern zu tun. Seine Selbstinszenierung als Opfer wird von Fahrern angezweifelt.
Bild: Hans-Michael Holczer, hier noch als Teamchef bei Gerolsteiner, das wegen Dopings den Hauptsponsor verlor.

„Es darf in diesem Team kein Doping geben. In einem meiner ersten Schritte habe ich mich auch beim Teamarzt erkundigt. Er hat mir bestätigt, dass die ’No-Needle-Politik‘ bei ihnen eingehalten wird.“ Das hat Hans-Michael Holczer vor ein paar Monaten in einem Interview mit der FAS gesagt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte er gerade den Posten des Teamchefs beim russischen Radteam Katjuscha übernommen, einer quasistaatlichen Renntruppe mit dem russischen Gaskonzerns Itera im Rücken.

Das mit der No-Needle-Politik hat nicht so gut geklappt, denn Katjuscha-Profi Denis Galimsjanow ist jetzt positiv auf das Blutdopingmittel Epo getestet worden. Holczer, der sich gerne im Mäntelchen des Antidopingkämpfers der Öffentlichkeit zeigt, dürfte diese Nachricht nicht sehr überraschen. Als ehemaliger Teamchef von Gerolsteiner, einer deutschen Equipe, sind ihm bereits mehrere Dopingfälle untergekommen. Hier nur einige Namen: Danilo Hondo, Davide Rebellin, Bernhard Kohl, Stefan Schumacher.

Patrik Sinkewitz, jahrelang gedopt unterwegs und später dann als Dopingkronzeuge aktiv, warf Holczer Mitwisserschaft vor. Ein anderer Kronzeuge, Jörg Jaksche, hält Holczer für nicht glaubwürdig. Holczer gab stets vor, von den Machenschaften seiner Jungs nichts gewusst zu haben. Er gerierte sich als Opfer („Ich habe meinen Glauben an das Gute verloren“).

Am Vertragsbruch seiner Fahrer hat er gar nicht so schlecht verdient; die Gehälter konnte er einbehalten. „Mittlerweile bin ich der Überzeugung, dass wir uns von der Vorstellung verabschieden müssen, eine bedenkenlos glaubwürdige, auch nur annähernd dopingfreie Szene im Sport hinzubekommen“, ist er verblüffenderweise überzeugt. Doping lasse sich nicht „wegkontrollieren“. Das glaubt man ihm gerne.

18 Apr 2012

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Markus Völker

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