taz.de -- Ökobewegung in der Krise: Kampf der Langweiler
Auf der McPlanet-Klimakonferenz diskutieren Umweltverbände über Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die Politik. Die Bewegung stecke in der Krise, sagen Aktivisten.
BERLIN taz | Rio de Janeiro, Kioto, Johannesburg und jetzt im Sommer Rio+20: Mit jeder UN-Klimakonferenz stellen sich Umwelt- und Entwicklungsbewegungen erneut die Frage, wie sie ihre Forderungen durchsetzen können.
„Die Umweltbewegung ist in einer Krise“, sagt Jürgen Maier, Geschäftsführer vom Forum Umwelt und Entwicklung. Darüber diskutiert Maier am Samstag auf der McPlanet-Klimakonferenz in Berlin unter anderem mit Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung.
Für diese Krise gebe es mehrere Gründe, aber vor allem konzentrierten sich viele Umweltgruppen zu sehr auf ein Thema: „Wenn sich Gruppen um einen Teich bemühen oder um einen Wald, dann ist das unglaublich wichtig, aber damit mobilisieren wir keine globalen Gruppen.“ Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung, stimmt in diesem Punkt überein. Die einzelnen Umweltgruppen kooperierten untereinander nicht genügend oder stritten sich.
In der Klimadiskussion sei dies besonders auffällig: „Es gibt da die großen Kampflinien wie lokal versus global, Basisarbeit versus Regierungsarbeit, Markt versus Ordnungsrecht.“ Dabei sei Diskussion natürlich wichtig: „Klar, man soll nicht tun, als sei man eine Einheit, wenn man keine ist“, sagt Unmüßig, „doch wenn es Übereinstimmungen gibt, sollte man die Kräfte bündeln und viel, viel öfter gemeinsame Verbindungen fördern.“
Konzerne besetzen das Thema Nachhaltigkeit
Der Grund: Man brauche die Geschlossenheit, um Eindruck zu machen. Auch bei den großen Konferenzen wie Rio20+. Dies sei nötig, weil nun auch Konzerne das Thema Nachhaltigkeit besetzten: „Große Firmen haben längst nachgezogen und sind noch PR-erfinderischer geworden. Die haben natürlich einen Kampagnenvorteil und finanzielle Mittel, die kleinere Organisationen nicht haben.“
Weitere Schwierigkeit für die Verbände: Die Anforderungen seien komplizierter geworden, sagt Unmüßig. Maier sieht zudem ein Nachwuchsproblem für die Verbände. „Wir sind zu langweilig geworden.“ Da hätte Occupy besser den Nerv der Zeit getroffen, so Maier. Er warnt auch davor, dass die Verbände zu seriös seien, man müsse auch mal polarisieren. Weitere Informationen zum Kongress unter: [1][www.mcplanet.com].
19 Apr 2012
LINKS
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Ram Kurani Saroj haust mit ihrer Familie an einem dreckigen Fluss in Indien und ist unterernährt. Für das Naturschutzgebiet nebenan hat sie keinen Sinn.
Die „Lokale Agenda 21“ gilt als dröge. Zu Unrecht: Ohne „global denken, lokal handeln“ wäre zum Beispiel die Energiewende kaum zu machen.
Bei der Klimakonferenz geht nichts voran. Das nervt alle Beteiligten. Es zeigt aber auch: Es geht um Verpflichtungen für alle Staaten.
„Nachhaltigkeit“ heißt jetzt „Green Economy“. Das reicht aber nicht. Die Versöhnung von Ökologie, Wirtschaft und Sozialem braucht radikalere Schritte.
Weil „in diesem Land alles so fucked ist“: Der 1. Mai lockt Aktivisten auf die Straße. Die Bewegung ist vielfältiger geworden. Jetzt sind wieder „direkte Aktionen“ angesagt.
Für Joachim Radkau ist Grün die Ideologie des 21. Jahrhunderts. Ohne sie wäre alles viel schlimmer, sagt der Historiker. Doch es werde auch viel geredet und wenig getan.
Der Autor Daniel Boese hält deutsche Umweltaktivisten für provinziell, brav und eitel. Er findet Im Ausland wird deutlich effektiver Druck gemacht.