taz.de -- Radiofeature zur NSU: Tödlich unterschätzt

Drei Anstalten produzieren ein Radiofeature zur NSU. In „Rechter Terror“ kommen überraschende Zeitzeugen zu Wort und machen das Stück durchaus hörenswert.
Bild: Das Feature zur NSU hätte es nicht in diese Goebbelsschnauze von 1935 geschafft.

Es ist eine Kooperation, die hoffentlich Schule macht: Radioreporter von SWR, BR und MDR haben sich zusammengeschlossen, um das Feature „Rechter Terror: tödlich unterschätzt“ zu recherchieren.

Herausgekommen ist ein facettenreiches Stück über den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU), das den Bogen von den Anfängen der späteren Neonazi-Terrorgruppe in den 90ern bis zu den Aufklärungsversuchen der Untersuchungskommissionen 2012 schlägt.

Zwar konnte das Team um den SWR-Terrorexperten Holger Schmidt und den BR-Polizeireporter Oliver Bendixen keine superexklusive Nachricht produzieren wie vor kurzem das ARD-Fernsehmagazin „Panorama“ mit seinem Interview mit den Eltern des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt.

Dafür kommen in dem knapp einstündigen Radiofeature überraschende Zeitzeugen zu Wort. Etwa der Kabarettist Rainald Grebe, der einst in dem Jenaer Theater arbeitete, vor dem das Neonazi-Trio 1997 einen mit Hakenkreuz bemalten Koffer mit TNT abstellte. Oder der Redakteur der Thüringer Landeszeitung, der vor dem Untertauchen des Trios in den 90ern eine Briefbombenattrappe der Neonazis in den Händen hielt.

Ausführlich – vielleicht etwas zu ausführlich im Vergleich zu den Angehörigen der NSU-Opfer – kommen in dem aufwändig produzierten Radiostück Vertreter der Sicherheitsbehörden zu Wort. Und vielleicht hätten auch diejenigen Verfehlungen von Verfassungsschutz und Polizei im Zusammenhang mit der Mordserie klarer herausgearbeitet werden können. Trotzdem kann man hoffen, dass es in einigen Monaten, wenn die Prozesse gegen Zschäpe und die NSU-Helfer beginnen, eine Fortsetzung gibt.

27 Apr 2012

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Wolf Schmidt

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Schwerpunkt Rechter Terror
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