taz.de -- Preis für aserbaidschanische Journalistin: Freiheit jenseits von Öl und Gas

Malahat Nasibova berichtet über Polizeiwillkür in Aserbaidschan. Dafür wird die 43-jährige Journalistin am 3. Mai von Reporter ohne Grenzen ausgezeichnet.
Bild: Wird ausgezeichnet: Malahat Nasibova.

Die Staaten, die Interesse an Gas und Öl in Aserbaidschan haben, müssen auch an Demokratie und Menschenrechte denken. Ohne Demokratie und Freiheit gibt es keine langfristige Stabilität.“ Das sagte die aserbaidschanische Journalistin Malahat Nasibova 2011 bei einem Forum im norwegischen Oslo.

Am 3. Mai, dem Tag der Pressefreiheit, erhält die 43-Jährige für ihren beharrlichen Einsatz für eine unabhängige Presse den diesjährigen Preis der schwedischen Sektion von Reporter ohne Grenzen.

Im autoritären Aserbeidschan wurde Malahat Nasibowa wegen ihrer kritischen Berichterstattung über Polizeiwillkür Opfer von Gewalt. Sie stammt aus Nachitschewan – einer autonomen Republik, die an die Türkei, den Iran und Armenien grenzt, jedoch der Herrschaft Bakus untersteht. Dort lebt sie bis heute.

Nasibova ist gelernte Musikpädagogin. In den 90er Jahren studierte sie das orientalische Saiteninstrument Kamantscha und war bis 2000 als Lehrerin tätig. Dann begann sie als Journalistin und Menschenrechtlerin zu arbeiten. Sie ist Korrespondentin für Radio Free Europe/Radio Liberty, die freie aserbaidschanische Agentur Turan und berichtet für BBC und Voice of America. Zudem leitet sie die Menschenrechtsorganisation Democracy and NGO’s Development Resource Center, die erste NGO in Nachitschewan.

Nasibova war mehrmals inhaftiert und wurde öffentlich erniedrigt und diffamiert. Ihre Wohnung und ihr Büro wurden von der Polizei durchsucht, technisches Gerät wurde zerstört. Einige Male stand sie auch schon mit ihrem Mann, Ilgar Nasibov, vor Gericht. Das Ehepaar erhielt mehrmals Morddrohungen und wurde tätlich angegriffen.

Zusammen haben sie drei Kinder. Aus Sichersheitsgründen leben zwei von ihnen außerhalb von Nachitschewan. Um ihr drittes minderjähriges Kind, das bei ihnen geblieben ist, machen sich die Eltern Sorgen. „Für die Regierung ist unsere gesamte Familie ein Feind der Nation“, sagt Nasibova. Trotzdem ist sie fest entschlossen, weiter für die Freiheit zu kämpfen.

„In den arabischen Staaten meinte man auch, dass es nicht möglich sei, etwas zu verändern“, sagt Nasibova. „In Aserbaidschan brauchen wir Unterstützung.“

3 May 2012

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Petrosyan

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