taz.de -- „FAZ“ mit Nazivergleich: Der befreiende Hitler-Furz

Huch, schon wieder der Führer. Die „FAZ“ berichtet online über einen Piraten, bemüht einen Nazi-Vergleich und zieht ihn wieder zurück. Handelt es sich um „Godwin's law“?
Bild: Der größte anzunehmende Vergleich ist immer noch der mit Hitler. Hier als Mubarak.

Was ist das: Kaum einer mag es, aber jeder macht es? Es ist – wieder einmal – der Hitler-Vergleich.

Diesmal stand er in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Autor beschrieb die am Sonntag in der ARD gelaufene Sendung „Günther Jauch“. Es ging um die Wahlen in Schleswig-Holstein, und unter Jauchs Gästen war auch der neue politische Geschäftsführer der Piraten, Johannes Ponader.

In einem Absatz über Ponaders unregelmäßiges Ausüben eines Jobs und das ebenso regelmäßige Beziehen von Arbeitslosengeld schrieb der FAZ-Mann: „Er nennt sich ’Gesellschaftskünstler‘. Hier seien Beruf und Privatleben nicht zu trennen. Schon einmal gehört? Aus Wien? Von einem Postkartenmaler?“

Eine Weiterführung dieses Vergleichs schloss sich an späterer Stelle an.

Nachdem der Text ein Weilchen online war, gab es Beschwerden, und die entsprechenden Stellen wurden gestrichen. Aber mit den Passagen verschwindet nicht die Frage: Warum immer wieder der Nazi? Nicht nur in der FAZ, gerne auch in dieser Zeitung, ja überall. Oft mit folgender Entschuldigung, als sei man erschrocken über sich selbst. Huch, schon wieder der Führer.

Ratlose Erklärbärelite

Stimmt vielleicht das Diktum, jeder Vergleich mit der Geschichte solle nur verdecken, dass man es an dieser Stelle versäumt hat oder zu bequem ist, sich selbst mit der Materie auseinanderzusetzen? Gerade bei den Piraten befindet sich die Erklärbärelite dieses Landes – Politik und Medien – in größter Ratlosigkeit. Diese trieb gar einen Piraten dazu, seine eigene Partei mit der NSDAP zu vergleichen. Könnte also stimmen.

Vielleicht trifft auch „Godwins law“ zu – ein Begriff aus der Internetkultur (Piraten!) –, laut dem die Wahrscheinlichkeit eines Nazi-Vergleichs wächst, je länger eine Diskussion dauert. Reden wir einfach zu viel?

Es mag aber auch sein, und das würde beide Möglichkeiten in geradezu kathartischer Weise zusammenführen, dass der Nazi-Vergleich Teil unseres mentalen, vegetativen Nervensystems geworden ist, welches das Gehirn nicht steuern kann. Wie ein Furz entweicht er uns, belastend und befreiend zugleich.

7 May 2012

AUTOREN

Daniel Schulz

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