taz.de -- Liberias Präsident ist Kriegsverbrecher: Taylor kommt mit 114 Jahren frei

Der ehemalige Präsident Liberias, Charles Taylor, ist zu 50 Jahren Gefängnis veruteilt worden. Der 64-Jährige wurde jetzt vom Sondertribunal für Liberia schuldig gesprochen.
Bild: Reue oder Bedauern – das wird aus Charles Taylors (li.) Gesichtsausdruck nicht klar.

LEIDSCHAMM afp | Der frühere liberianische Präsident Charles Taylor (64) ist wegen Kriegsverbrechen zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Sondertribunal für Sierra Leone im niederländischen Leidschendam bei Den Haag verkündete am Mittwoch das Strafmaß.

Taylor war am 26. April wegen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in Sierra Leone schuldig gesprochen worden. Er soll während des Bürgerkriegs in Liberias Nachbarland Sierra Leone Rebellen mit Waffen unterstützt haben. Bevor Taylor Präsident wurde, war er ein bekannter Kriegsherr im liberianischen Bürgerkrieg der 1990-er Jahre.

Charles Taylor wurde 2006 in Nigeria festgenommen. Das Verfahren mit mehr als 100 Zeugen wurde im Juni 2007 eröffnet. Unter anderem sagten als Zeugen mehrere Prominente wie das britische Top-Model Naomi Campbell und Südafrikas Ex-Präsident Nelson Mandela vor aus.

Das Model, so die Anklage, hatte einst nach einem Benefiz-Dinner in Kapstadt Diamanten geschenkt bekommen, angeblich von Taylor stammten. Taylor ist damit das erste ehemalige Staatsoberhaupt seit den Nürnberger Prozessen, das von einem internationalen Tribunal verurteilt wurde.

30 May 2012

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