taz.de -- Italien - Irland 2:0: Scusi, aber wir sind weiter
In einem entsetzlich schlechten Spiel gewinnt Italien gegen Irland. Es fehlt nicht viel, und sie wären Gruppensieger. Aber Balotelli erzielt ein zauberhaftes Tor.
Das Spiel: Dafür, dass die Italiener einen Sieg benötigen, beginnt die Mannschaft von Trainer Cesare Prandelli extrem behäbig. Eine halbe Stunde verlaufen alle zaghaften Versuche, dem Tor von Shay Given gefährlich zu werden, im Sande. Die kleinen Stürmer [1][Antonio Cassano] und Antonio Di Natale, der zunächst den angeschlagenen Mario Balotelli vertritt, haben gegen die kräftigen irischen Abwehrspieler keine Chance.
Den Iren bieten sich dagegen einige gute Kontergelegenheiten. Doch das Offensivtrio Duff, Doyle und Keane scheitert meist kläglich an Italiens solider Viererkette. In der 35. Minute bringt eine Standardsituation Italien das zu diesem Zeitpunkt kaum verdiente 1:0. Nach einer Ecke von Andrea Pirlo steigt Cassano am Höchsten und köpft den Ball an Torhüter Shay Given vorbei. Ein Ire versucht noch vor der Line zu klären, doch der Ball ist eindeutig mit vollem Umfang im Tor.
In Halbzeit zwei hält die italienische Offensive den Ball flacher und erhöht somit den Druck auf das irische Tor. Über die linke Seite stößt Federico Balzaretti mehrfach bis zur Grundlinie vor und ermöglicht gute Chancen für die Antonios. Doch nach einer Viertelstunde ist der Elan bereits wieder verflogen.
Angesichts des 0:0 im [2][zweiten Gruppenspiel] scheinen die Italiener mit dem Ergebnis zufrieden. Fast zwangsläufig ist mehr von Irland zu sehen. Doch auch ein gutes Dutzend Ecken und Freistöße erzeugt keine ernsthafte Gefahr; einzige Ausnahme ein strammer Freistoßschuss von Keith Andrews nach knapp 80 Minuten. Kurz danach fliegt er nach einem harmlosen Foul mit Gelb-Rot vom Platz.
Der Moment des Spiels: Balotellis Tor in der Schlussminute zum 2:0 ist das bisher schönste der EM. Nach einer Ecke von Pirlo lässt er sich nach hinten fallen und bugsiert den Ball mit einem Seitfallzieher vorbei an Gegenspieler und Torwart.
Der Spieler des Spiels: Mangels herausragender Leistungen würdigen wir an dieser Stelle Damien Duff. Zu seinem 100. Länderspiel führt er seine Mannschaft als Kapitän an. Die Binde steht ihm gut.
Die Pfeife des Spiels: Einen Spieler aus zwei schwachen Mannschaften herauszugreifen, wäre nicht fair. Stattdessen müssen sich die Greenkeeper fragen lassen, warum sie den Platz vor Spielbeginn derartig wässerten, dass die Spieler bei jedem Versuch einer schnellen Bewegung ausrutschten.
Die Schlussfolgerung: Mehr als zwei Tore in einem Spiel konnte Italien noch nie bei einer EM-Endrunde erzielen. Insofern ist das Ergebnis folgerichtig. Will Italien das Viertelfinale überstehen, braucht es aber eine deutliche Steigerung.
Und sonst: Bereits in der 7. Minute stimmen die irischen Fans ihren Gänsehaut-Chant [3][„Fields of Athenry“] an. Auch danach schafft die grüne Wand eine großartige Atmosphäre, die im deutlichen Kontrast zum mäßigen Geschehen auf dem Rasen steht. Ständiug wird gesungen, gehüpft, gern auch mal mit dem Rücken zum Spielfeld. Uund jeder italienische Fehlschuss wird bejubelt, als wäre es ein eigener Treffer.
18 Jun 2012
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