taz.de -- Kolumne B-Note: Die Favoriten schützen

Ein spanischer Schiedsrichter hat verhindert, dass die Deutschen rausfliegen und ein deutscher Schiedsrichter sorgte dafür, dass die Spanier noch im Turnier sind. Zufall?

Der Mann hat Ahnung. Und diejenigen, die jemals daran gezweifelt haben sollten, konfrontierte Michel Platini am Montag mit einer alten Einschätzung von ihm: „Vor dem Turnier habe ich immer gesagt, Spanien und Deutschland.“ Der Chef des Europäischen Fußballverbands (Uefa) sprach von seinen Turnierfavoriten, und mit aller Entschiedenheit sagte er: „Ich bleibe dabei.

“ Sonderlich originell ist die Prognose gewiss nicht. Und wenn man sich die letzte Vorrundenbegegnung der beiden europäischen Fußballmächte anschaut, beschleicht einen da so eine andere Ahnung.

Die Uefa hat ein beträchtliches Interesse daran, dass es zu einem Kräftemessen der beiden besten Teams des Kontinents kommt. Es wäre ein Traumfinale, das weltweite Aufmerksamkeit garantieren würde. Warum nur legte der Verband bei der Schiedsrichteransetzung das Schicksal der beiden Favoriten in die Hände des jeweils anderen?

Der spanische Schiedsrichter Carlos Velasco leitete die Partie zwischen Deutschland und Dänemark, und der Deutsche Wolfgang Stark traf die Entscheidungen bei der Begegnung zwischen Spanien und Kroatien.

Und so kann die Duplizität der Ereignisse nur bedingt erstaunen. Velasco sah am Sonntag darüber hinweg, dass der deutsche Verteidiger Holger Badstuber im Strafraum seinen Gegenspieler Nicklas Bendtner handfest am Trikot packte; Stark wiederum verübelte es Ramos zwei Tage später nicht, dass er den Kroaten Mario Mandzukic umhaute. Lautete die Devise „Wie du mir, so ich dir“? Steckte dahinter böser Wille? Gab es Absprachen? Floss gar Geld?

Die beiden Fouls hätten jeweils mit einem Elfmeter geahndet werden müssen – was wiederum zum Ausscheiden der Favoriten hätte führen können. Im Falle von Wolfgang Stark befand Hellmut Krug, Schiedsrichter-Beauftragter der Deutschen Fußball-Liga: „Leider haben ihm seine Assistenten und der vierte Offizielle in dieser Szene nicht geholfen.“

Das deutsche und spanische Schiedsrichterteam hat jeweils kollektiv versagt. Die Uefa aber hätte seine Unparteiischen vor ungebührlichen Verdächtigungen schützen können. Und müssen.

19 Jun 2012

AUTOREN

Johannes Kopp
Johannes Kopp

TAGS

Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Mixed Zone
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne B-Note: Freibeuter des Schicksals

Eine bewusstseinserweiternde Betrachtung des Schiedsrichters Howard Webb beim Spiel Portugal gegen Tschechien.

Kolumne B-Note: Wodka Goal, Flüche, Schweden-Jubel

Die ukrainische Botschaft in Berlin lädt für das Gruppenfinale zum Public Viewing. Bei Kohlrouladen und einheimischen Bier geht es trotz Ausscheiden locker zu.

Kolumne B-Note: Die Stunde der Nerds

Der regenbedingte Spielabbruch von Donezk durchbricht die perfekten und inszenierten Bilder von dieser EM. Und erinnert an das Unberechenbare des Fußballs.

Kolumne B-Note: Hooligans im Kinderzimmer

Die schlimmsten Hooligans? Sind nicht in Polen, England oder der Ukraine. Sondern in Kinderzimmern.

Kolumne B-Note: Zu kleinlich? Zu peinlich!

Der Ton fällt aus, die Moderatorin auch. Die Kommentatoren reden Unsinn. Das ZDF versenkt vor der Insel Usedom die letzten Reste seiner Fußballkompetenz.

Kolumne B-Note: Er vertraut Frankreich, sie will Holland

Wie Mächen wetten und wie Jungs einfach es immer wissen.

Kolumne B-Note: Super, Deutsche endlich am Arsch!

Sie Meister, die Anderen Turnschuh – das hätten die Deutschen gerne so. Aber in Wahrheit haben sie keine Chance. 11 Gründe, warum die Deutschen am Arsch sind.