taz.de -- Verhandlungen zum Fiskalpakt: Mögliche Zugeständnisse

Angela Merkel will für ein Ja zum Fiskalpakt auf die Länder zugehen. Der Bund könnte mögliche Strafzahlungen an Brüssel ganz übernehmen.
Bild: Himmel hilf? Angela Merkel muss Zugeständnisse machen.

BERLIN afp/dapd | Vertreter von Bund und Ländern kommen am Sonntag zu einem Spitzengespräch über den Fiskalpakt im Berliner Kanzleramt zusammen. Die Bundesregierung will den Ländern das Einverständnis für das im Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit zustimmungspflichtige Vorhaben abringen. Die Länder fordern mehr finanzielle Sicherheiten vor möglichen Zusatzkosten durch die neue Regelung, insbesondere für ihre klammen Kommunen.

Neben Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) werden für den Bund Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) an dem Gespräch teilnehmen. Die Länder sind vertreten durch die Ministerpräsidenten von Bayern, Horst Seehofer (CSU) und Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU) sowie den Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Bundestag und Bundesrat sollen den Fiskalpakt nach den Vorstellungen der Regierung am kommenden Freitag (29. Juni) billigen. Das Vorhaben soll gemeinsam mit dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM verabschiedet werden.

Bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern könnte die Bundesregierung nach Informationen des Spiegel Zugeständnisse machen. Wie das Magazin vorab aus seiner neuen Ausgabe berichtet, will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Ministerpräsidenten anbieten, dass der Bund mögliche Strafzahlungen an Brüssel komplett übernehmen könnte, wenn Deutschland seine finanzpolitischen Verpflichtungen im Fiskalpakt verfehlen sollte. Mit den erhofften finanziellen Erleichterungen als Gegenleistung für ihre Zustimmung im Bundesrat können die Länder demnach nicht rechnen.

Der EU-Fiskalpakt schreibt für Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen eine Defizitgrenze von zusammen 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. Hält ein Land das nicht ein, drohen Sanktionszahlungen. Normalerweise trägt davon der Bund 65 Prozent, die Länder stehen für den Rest ein. Der neue Vorschlag Merkels läuft laut Spiegel darauf hinaus, dass der Bund das ganze Risiko übernimmt, auch wenn die Länderhaushalte das Problem sind. Die Länder dringen darauf, dass der Fiskalpakt nicht zu zusätzlichen Belastungen für sie führt.

Das Ja der Länder zum Fiskalpakt ist erforderlich, weil neben dem Bundestag auch der Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit zustimmen muss. Bei dem Treffen am Sonntagnachmittag, zu dem Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) mehrere Länderregierungschefs empfängt, wird eine Einigung in den lange strittigen Fragen erwartet.

Mit dem am 2. März in Brüssel unterschriebenen Vertrag verpflichten sich die Unterzeichnerländer – das sind alle EU-Staaten bis auf Großbritannien und Tschechien – zu strikterer Haushaltsdisziplin. Nur wer den Fiskalpakt einhält, soll Hilfszahlungen aus dem ESM bekommen können. Der Vertrag soll möglichst zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.

24 Jun 2012

ARTIKEL ZUM THEMA

Seehofer poltert in den Wahlkampf: „Ich bin ganz relaxt“

CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer sagt, er sei entspannt. Zugleich tritt er wütend auf, droht mit Koalitionsbruch im Bund. Er inszeniert sich für die nächste Wahl.

Plan für europäisches Finanzministerium: Brüssel greift nach der Macht

Die EU will mehr Macht. Der Plan stößt auf Widerstand in Berlin – nicht wegen mangelnder demokratischer Gestaltung, sondern wegen gemeinschaftlicher Schulden.

Einigung über europäischen Fiskalpakt: „Entscheidender Durchbruch“

Bund und Länder sind sich einig geworden über die Entlastung der Kommunen. Am Freitag sollen Bundestag und Bundesrat den Fiskalpakt billigen.

Jürgen Trittin über den Fiskalpakt: „War das unverantwortlich?“

Der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin verteidigt sein Ja zum Fiskalpakt in Europa gegenüber Kritikern in der eigenen Partei. Und äußert den Wunsch nach Neuwahlen.

Gaucks verzögerte Unterschriften: Merkel dementiert Einflussnahme

Bundespräsident Gauck wird die Gesetze zu ESM und Fiskalpakt nicht unterschreiben. Die Bundeskanzlerin hat Gerüchte zurückgewiesen, dass sie versucht habe Gauck umzustimmen.

Steuer auf Börsengeschäfte: Unterstützung aus Wien

Für die Steuer auf Börsengeschäfte hat die Bundesregierung einen Verbündeten: Österreich. Bei anderen EU-Staaten soll nun für eine Kooperation geworben werden.

Fiskalpakt und Rettungsschirm gestoppt: Gauck verzögert Unterschrift

Trotz Einigung von Koalition und Opposition kann der Fiskalpakt nicht wie geplant starten. Präsident Gauck will nicht unterschreiben, solange das Verfassungsgericht das Gesetz prüft.

Kommentar Einigung beim Fiskalpakt: Am Kern der Krise vorbei

Gegen die Dramatik der Krise wäre ein Mechanismus der gegenseitigen Haftung für europäische Schulden nötig. Doch in diesem Punkt sind SPD und Grüne feige.