taz.de -- Flughafen-Debakel ohne Ende: Opposition will durchblicken

Grüne, Piraten und Linkspartei bereiten nach stundenlanger Flughafen-Aufsichtsratssitzung Untersuchungsausschuss vor: Mehr Fragen seien offen als geklärt.
Bild: Happy sieht anders aus: Die Grünen Ramona Pop und Andreas Otto, nachdem sie Akten zum BER einsehen durften

Jetzt macht die Opposition Druck: Nach einer neunstündigen, ziemlich ergebnislosen Sitzung des Aufsichtsrats zum Großflughafen in Schönefeld forcieren Grüne, Linkspartei und Piraten ihre Pläne für einen Untersuchungsausschuss.

„Die Sitzung hat mehr Fragen geschaffen als geklärt“, so Piraten und Grüne unisono. So sei immer noch unklar, ob der neue Eröffnungstermin am 17. März 2013 zu halten ist und wie die inzwischen bis zu 1,1 Milliarden Euro Mehrkosten einzudämmen sind. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop sagte, es sei ein „Armutszeugnis“, dass dies auch nach der Sitzung am Freitag offen geblieben sei. „Offensichtlich haben Geschäftsführung und Klaus Wowereit das Projekt nicht im Griff“, so Pop. „Ab heute gilt Wegducken nicht mehr.“

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Brandenburger Amtskollege Matthias Platzeck (SPD) hatten als Aufsichtsratsmitglieder am Freitagabend erklärt, den März-Termin bis zur nächsten Ausschusssitzung im August nochmals prüfen zu wollen. Dafür soll Neu-Chefplaner Horst Amann, bisher Bauleiter der Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport, tausende Planungsakten sichten.

Bei den Mehrkosten sprach Flughafenchef Rainer Schwarz am Freitag von vorerst 586 Millionen Euro durch die verspätete Eröffnung. Dazu kämen laut Wowereit 591 Millionen Euro für die strikten Lärmschutzmaßnahmen, die das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Mitte Juni festlegte. Wowereit kündigte an, dagegen juristisch vorzugehen.

Das Gericht hatte entschieden, dass Anwohner in geschlossenen Räumen keinen Fluglärm lauter als 55 Dezibel ertragen müssten; der Flughafenbetreiber stehe dafür in der Verantwortung. Wowereit kritisierte dies als „deutschlandweit einmalig“. Nur: Genau diesen Grenzwert hatte die Flughafengesellschaft zu Beginn ihrer Bauplanung festgelegt. Zuletzt jedoch vertrat sie den Standpunkt, der Wert dürfe, so wie nachts, bis zu sechsmal täglich überschritten werden.

Pirat Martin Delius nannte die Klage „einen falschen Weg“. Die gerichtlich eingeforderte Schallgrenze sei „von Anfang geplant gewesen und hätte längst umgesetzt werden müssen“. Der Grüne Stefan Gelbhaar stützte ebenso das Gerichtsurteil: „Ein moderner Flughafen heißt auch Lärmschutz und braucht die Akzeptanz der Anwohner.“ Auch in der SPD mehren sich kritische Töne. Verkehrsexperte Ole Kreins betonte am Sonntag den Rechtsanspruch der Anwohner auf Ruhe.

Die Opposition treibt nun ihren Untersuchungsausschuss voran. Im Juli soll es dafür ein Treffen von Grünen, Piraten und Linkspartei geben. Man werde über den Sommer einen „ausführlichen Fragenkatalog erarbeiten“, so der Grüne Gelbhaar. Nach dem Versagen des Aufsichtsrats, so Pirat Delius, sei der Untersuchungsausschuss „die einzige Möglichkeit, den Flughafen und Senat unter eine parlamentarische Kontrolle zu stellen“. Das Planungsfiasko und die Mehrkosten würden das Land „noch Jahre beschäftigen“.

Der Ausschuss soll in der ersten Plenarsitzung nach der Sommerpause, am 30. August, eingesetzt werden. Den Vorsitz werden die Piraten erhalten, die Leitung Delius – denn der Partei steht turnusgemäß im Parlament die nächste Ausschussleitung zu. Delius hatte letzte Woche eigens für die Vorbereitung auf den Ausschuss sein Amt als parlamentarischer Geschäftsführer der Piraten niedergelegt.

24 Jun 2012

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Konrad Litschko
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