taz.de -- Kommentar Naturschutz: Ich will ein Profil!
Verkehrsminister Ramsauer will im Interesse der Energiewende den Naturschutz beschneiden. Die Meeressäuger sollen sich nicht so anstellen und den Lärm ertragen.
Ach ja, mal wieder so eine Provokation, wie sie Politiker gelegentlich brauchen, um Aufmerksamkeit und Identität zu gewinnen. Erst hatte sich Wirtschaftsminister Rösler entsprechend geäußert, nun folgte Verkehrsminister Ramsauer: Im Interesse der Energiewende müsse man – leider, leider – den Naturschutz beschneiden. Die Meeressäuger sollen sich beim Rammen der Offshore-Fundamente einfach nicht so anstellen und den Lärm ertragen.
Klar, es ist bitter für eine Regierung, wenn sie sich durch einen Atom-GAU in Japan dazu getrieben sieht, plötzlich die Energiepolitik ihrer politischen Gegner umsetzen zu müssen. Wie soll sie sich da noch glaubhaft profilieren? Hilflos stänkert sie daher nun gegen den Naturschutz, der ist schließlich ein urgrünes Thema.
Vernünftige Gründe für Abstriche beim Naturschutz gibt es indessen nicht. Denn die Energiewende wird an den geltenden Naturschutzgesetzen und -auflagen nicht scheitern, da beide Aspekte unter der bestehenden Rechtslage durchaus unter einen Hut zu bringen sind.
Wenn für den Netzausbau an anderer Stelle Ausgleichsflächen finanziert werden müssen, dann ist das eben so. Auch Mehrkosten sind kein Grund zur Aufregung – Investition in den Schutz der Natur sind doch gut angelegtes Geld.
Auch wird es den Atomausstieg nicht zum Scheitern bringen, wenn an einzelnen Standorten mal keine Windräder stehen können, weil das Auerwild brütet.
Natürlich sind verwaltungsrechtliche Abläufe immer eine Suche nach vernünftigen Kompromissen, aber das ist gut eingespielte Praxis. Hier nun die Skalen zu verschieben, nur weil der Naturschutz, anders als die erneuerbaren Energien, über keine industrielle Lobby verfügt, wäre ökologischer Wahnsinn.
27 Jun 2012
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