taz.de -- Grünen-Politiker Schick über Fiskalpakt: „Es gibt kein imperatives Mandat“
Grünen-Politiker Gerhard Schick hat in der Vergangenheit den Fiskalpakt immer wieder scharf kritisiert - und dann im Bundestag zugestimmt. Hier erklärt er, warum.
taz: Herr Schick, Sie haben den Fiskalpakt in den vergangenen Wochen immer wieder scharf kritisiert. Warum haben Sie dem europäischen Sparpaket im Bundestag zugestimmt?
Gerhard Schick: Sie können sicher sein: Diese Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen. Aber am Ende war ein Argument ausschlaggebend.
Nämlich welches?
Ich habe einen Sonderparteitag gefordert, damit wir Grünen die Folgen dieses Pakts zusammen bewerten. Diese Rolle als Mitinitiator des Entscheidungsverfahrens wie auch als Mitglied des Parteirats bindet mich in besonderer Weise.
Die Zustimmung des Grünen-Länderrats zum Fiskalpakt fiel mit 40 zu 37 äußerst knapp aus. Das Gremium war gespalten, ebenso ist es Ihre Parteibasis.
Stimmt. Und es gibt auch kein imperatives Mandat. Aber Ziel der von mir mit angestoßenen Diskussion war eine Klärung der Position - und deswegen fühle ich mich an das Ergebnis gebunden, auch wenn die Mehrheit knapp ist.
Mehrere Ihrer Fraktionskollegen sahen das anders. Haben Sie gegen Ihre inhaltliche Überzeugung abgestimmt?
Ich war schon immer der Überzeugung, dass Schuldenbremsen nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sind, damit sie nicht automatisch zu massiven Kürzungen etwa im Sozialbereich führen. Der Kompromiss mit der Bundesregierung leistet das noch nicht. Er gibt keine Antwort auf den Zinsdruck, der auf manchen Staaten lastet. Das Einnahmedefizit vieler Staaten ist mit der Finanztransaktionssteuer noch nicht korrigiert.
Noch einmal: Haben Sie mit dem Ja Ihre Überzeugung ignoriert?
Nein. Die ökonomischen Bedenken, die ich habe, können noch geheilt werden. Das werden wir nur gemeinsam erreichen können. Das Ja der Grünen zum Fiskalpakt verpflichtet uns dazu, jetzt gezielt gegen das Einnahmedefizit europäischer Staaten vorzugehen, damit der Schuldenabbau, der richtig ist, nicht durch den befürchteten Sozialabbau, sondern insbesondere durch Vermögensbesteuerung erfolgt. Deshalb brauchen wir jetzt einen Steuerpakt.
Der Fiskalpakt belegt Staaten, in denen fast 500 Millionen Menschen leben, mit brutalen Sparauflagen. Ist das keine Gewissensfrage?
Ich verstehe jeden, der das für sich so sieht. Was für jeden einzelnen eine Gewissensentscheidung ist, kann man aber nach meiner Überzeugung nicht objektiv definieren. Unabhängig davon muss ich als Abgeordneter bei jeder Abstimmung mein Votum verantworten können.
1 Jul 2012
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