taz.de -- Banken in Spanien: Helfer in der Not der faulen Kredite

Die Abgeordneten im Bundestag müssen entscheiden, ob Spaniens Banken gerettet werden. Was dann mit den Geldhäusern passiert, ist noch unklar.
Bild: Schon bis Ende Juli sollen als Soforthilfe 30 Milliarden Euro für angeschlagende Banken nach Spanien fließen.

BERLIN taz | Bis zu 100 Milliarden Euro soll der europäische Rettungsschirm für die spanischen Banken zahlen. Doch dieses Geld kann erst fließen, wenn der Bundestag zugestimmt hat. Ab Mittwochnachmittag treffen sich daher die zuständigen Ausschüsse, am Donnerstag kommt dann das gesamte Plenum zu einer Sondersitzung zusammen. Die Abgeordneten mussten extra einberufen werden, denn eigentlich sind Parlamentsferien.

Basis der Beratungen ist ein 16-seitiges „Memorandum of Understanding“, das die Bedingungen für die Rettungsmilliarden festschreibt. Die zentralen Punkte: Schon bis Ende Juli sollen als Soforthilfe 30 Milliarden Euro fließen. Der genaue Kapitalbedarf der spanischen Banken wird dann in einem „Stresstest“ bis Ende September ermittelt.

Alle Banken, die staatliche Hilfe benötigen, müssen ihre faulen Kredite in eine „Bad Bank“ auslagern – und zwar zum „langfristigen Realwert“. Die Banken sollen sich also nicht auf Kosten des Staates sanieren, indem sie den Wert ihrer Schrottdarlehen zu hoch ansetzen. Dies dürfte bedeuten, dass die Banken ihre faulen Kredite zu etwa 80 Prozent abschreiben müssen.

Die Verluste bei den Banken sollen die Steuerzahler möglichst wenig belasten. Deswegen werden zunächst die Aktionäre sowie die Besitzer von Hybrid- und Nachranganleihen herangezogen. Bei diesen Anleihen handelt es sich um Fremdkapital, das in Notsituationen wie Eigenkapital behandelt werden kann.

„Preferentes“

Vielen spanischen Kleinanlegern war allerdings gar nicht klar, wie gefährlich diese nachrangigen „Preferentes“ sind. Sie dachten, sie würden eine Art Sparkonto besitzen, das besonders hohe Zinsen abwirft. Jetzt werden sie damit konfrontiert, dass sie einen großen Teil ihrer Ersparnisse verlieren (siehe unten).

Die Hilfskredite werden zunächst vom vorläufigen Rettungsschirm EFSF ausgezahlt. Sobald der permanente Rettungsschirm ESM einsatzfähig ist, übernimmt er die weitere Abwicklung der Hilfsmilliarden.

Durch diesen geplanten Wechsel von EFSF zu ESM herrschte lange Zeit Verwirrung, wer für die Rettungsmilliarden eigentlich haftet – der spanische Staat oder nur die einzelnen Banken. Denn beim ESM ist vorgesehen, dass er Kreditinstitute direkt mit Kapital versorgen kann. Inzwischen hat die Bundesregierung jedoch mehrfach betont, dass der spanische Staat dafür haftet, dass die Hilfskredite zurückgezahlt werden.

Das Programm ist für 18 Monate geplant – danach sollen die Banken an den Kapitalmarkt zurückkehren. Die Rettungskredite haben eine durchschnittliche Laufzeit von 12,5 Jahren. Noch ist unsicher, ob die Opposition im Bundestag zustimmt. „Die Beratungen sind noch nicht abgeschlossen“, sagt SPD-Finanzexperte Lothar Binding. „Aber in der Tendenz vermute ich, dass wir zustimmen.“

Memorandum of Understanding

Bei den Grünen überwiegt die Kritik. Ihnen ist das Memorandum of Understanding zu vage. „Bei vielen Maßnahmen ist undeutlich, ob und wie sie umgesetzt werden“, moniert Finanzexperte Gerhard Schick. So sei nicht sicher, ob der überdimensionierte spanische Bankensektor tatsächlich geschrumpft werde.

Auch sei nirgends festgelegt, ob die maroden Banken verstaatlicht werden. „Wir haben immer gesagt, die Eigentümer müssen an den Verlusten beteiligt und sofort herausgedrängt werden.“

18 Jul 2012

AUTOREN

Ulrike Herrmann

ARTIKEL ZUM THEMA

Massenprotest in Spanien: „Ihr habt uns ruiniert"

In mehreren spanischen Städten gingen zehntausende auf die Straße, um gegen die geplanten Sparmaßnahmen zu protestieren. Die Polizei griff teilweise hart durch.

Kommentar Hilfe für Spanien: Mit Trippelschritten abwärts

Das Unbehagen über die Eurokrise ist berechtigt. Statt das Problem bei der Wurzel zu packen und Bankenpleiten in Kauf zu nehmen, wurde die Krise den Staaten aufgebürdet.

Milliardenpaket für Spanien: Große Mehrheit für Hilfe

Der Bundestag hat mit breiter Mehrheit dem Milliardenpaket zugunsten spanischer Banken zugestimmt. Das Programm für Spanien soll über 18 Monate laufen.

Betrogene Kleinanleger in Spanien: „Preferentes“ vom netten Bankberater

Spaniens Banken zockten Kunden mit komplexen Produkten ab. Wenn den Geldhäusern mit dem Eurorettungsschirm geholfen wird, verlieren viele Kleinanleger ihr Geld trotzdem.

Krise in Spanien: Kämpfen um das eigene Zuhause

Dutzende Wohnungen werden jeden Monat in Madrid zwangsgeräumt. María Luisa Brañas droht das selbe Schicksal. Aber sie wehrt sich.

Kommentar Proteste in Spanien: Spardiktat führt zu Gewaltfantasie

Die Spanier müssen sparen, immer wieder gibt es Kürzungen. Es sind verzweifelte Gewaltfantasien, die nichts gutes verheißen. Der Unmut der Menschen wächst. Sie erleben Politik als Diktat.

Sparpläne in Spanien: Kahlschlag im Dienste der Banken

Spaniens Regierungschef Rajoy will 60 Milliarden Euro sparen und 5 Milliarden durch höhere Steuern einnehmen. Dafür erhält Spanien einen 100-Milliarden-Euro-Kredit.