taz.de -- Kommentar Serbien: Sie können nicht anders

Die Wirtschaft in Serbien kriselt. Die Regierung ist unerfahren und will das Problem mit der Notenpresse regeln. Ob das funktioniert, ist äußerst zweifelhaft.
Bild: Wegen Mafiakontakten unter Druck: Serbiens Regierungschef Ivica Dacic.

Die Eile, mit der sich die Regierung Serbiens die Notenbank unterstellen wollte, zeigt die ganze Trostlosigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Lage: die Staatskasse ist leer, das Haushaltsdefizit beträgt 2,2 Milliarden Euro, die Wirtschaft steht still, die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent und wird täglich größer, das Gesundheitssystem ist am Ende, und um Renten und Gehälter für Staatsbeamte im Oktober überhaupt auszahlen zu können, wird sich Serbien noch mehr unter denkbar schlechten Konditionen verschulden müssen.

Für diese Situation tragen die neuen Machthaber Serbiens keine Verantwortung. Und wegen dem kriegshetzerischen, nationalistischen Ballast eines Teils der regierenden Koalition, die sich gewandelt hat und sich nun als prowestlich ausgibt, ist ein Streit mit der EU und internationalen Finanzinstitutionen zu Beginn des Mandats sicher das letzte, was sie wollen. Doch sie können einfach nicht anders.

Premier Ivica Dacic war Pressesprecher von Slobodan Milosevic. Die neue Gouverneurin der Notenbank war Privatisierungsministerin unter ihm. Die meisten neuen Staatsfunktionäre haben Karriere gemacht, als die Politik die Wirtschaft und die Finanzen noch kontrollierte. Andere sind reine Theoretiker. Mit Marktwirtschaft hat keiner Erfahrung.

Nach dem Motto „Schwierige Zeiten fordern unorthodoxe Maßnahmen“ wollen sie nun die Notenbank einspannen, um die Wirtschaftskrise zu überwinden. Um ehrlich zu sein, so manche fordern das auch von der Europäischen Zentralbank.

Im Falle Serbiens sollte das heißen, kontrolliert die Notenpresse laufen zu lassen und gezielt Investitionen aus Devisenreserven zu finanzieren. Es ist ein Spiel mit dem Feuer und schwer korruptionsverdächtig. Die Biografien der Entscheidungsträger flößen auch kein Vertrauen ein.

5 Aug 2012

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Andrej Ivanji

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