taz.de -- Forscher loben das MSC-Siegel: Alles für den Fisch

MSC-Etiketten sollen nachhaltige Fischereiprodukte kennzeichnen. Verbraucher können ihnen vertrauen – sagt zumindest eine Studie. Die weltweiten Fischbestände wachsen wieder.
Bild: Fischerei an sich muss nicht böse sein. Wenn sie nachhaltig ist.

HAMBURG taz | Fisch mit dem blauen Siegel des Marine Stewardship Council (MSC) können Verbraucher ohne Bedenken verzehren. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von 23 Wissenschaftlern aus sechs Ländern, die das Online-Wissenschaftsmagazin PLoS One am Mittwoch veröffentlichte. Danach sind die Bestände, die vom MSC zertifiziert wurden, in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 46 Prozent gewachsen.

Quellen, Methoden und Ergebnisse seien „schlüssig“, kommentiert der Wissenschaftler Gerd Hubold, bis Januar Generalsekretär des Internationalen Rats für Meeresforschung, der alljährlich Empfehlungen für die EU-Fischereiquoten abgibt. Für die Deutschland-Chefin des MSC, Marnie Bammert, ist es „wichtig, zu kontrollieren, ob unser Programm die gewünschte Wirkung erzielt“. Diesen Nachweis liefere diese Studie.

Der MSC ist eine international tätige gemeinnützige Einrichtung, welche die Nachhaltigkeit der Fischereien überprüft. Gegründet wurde er 1997 von der Umweltstiftung WWF und dem Lebensmittelkonzern Unilever. Kritiker wie Greenpeace unterstellen dem MSC deshalb zu große Nähe zur Industrie.

Rainer Froese, Meeresbiologe vom Institut für Meeresforschung in Kiel, hatte im April die Sinnhaftigkeit des MSC bezweifelt. Nach seinen Berechnungen werde ein Drittel der MSC-Fischereien gar nicht nachhaltig befischt oder sei dem Siegel zum Trotz bereits überfischt, schrieb er in einem Aufsatz. Seitdem tobt in Fachmagazinen ein Wissenschaftlerstreit über den MSC, zu dem als neuester Beitrag die jetzt veröffentlichte Studie zählt.

Mehr Dorsch in der Ostsee

Dazu hat das internationale Forscherteam 45 MSC-zertifizierte und 179 nicht anerkannte Fischbestände in allen Weltmeeren untersucht. Danach sei keine MSC-Fischerei in ihrem Bestand bedroht. Als überfischt gilt eine Population, wenn ihre Fortpflanzungskapazität so beeinträchtigt ist, dass die Wiederauffüllung der Fangmengen nicht gewährleistet ist.

Bei langsam wachsenden Fischen müssen deshalb mehrere Jahrgänge geschont werden, damit sie geschlechtsreif werden können. So hat sich der Dorschbestand in der Ostsee, der vor einigen Jahren kurz vor dem Zusammenbruch stand, nach fünf Jahren drastischer Fischereibeschränkungen so stark erholt, dass der Deutsche Fischereiverband jüngst schon wieder von einer „Dorschschwemme“ sprach und für 2013 eine deutliche Erhöhung der Fangquoten forderte.

22 Aug 2012

AUTOREN

Sven-Michael Veit

ARTIKEL ZUM THEMA

Klimawandel für Fische problematisch: Zu warm für den Schwarm

Laut einer Studie sind die globalen Fischbestände nun auch noch vom Klimawandel bedroht. Die Kiemenatmer leiden unter den steigenden Wassertemperaturen.

Ökosiegel für Fische: Einkaufshilfe mit Haken

Ein neues Siegel soll Orientierung beim Kauf von Fisch aus Aquakulturen bieten. Gentechnik im Futter könnte zum Dilemma der Verbände werden.

Aigner will neues Siegel für Fischkauf: „Besser wäre gar kein Siegel“

Das blaue Label des MSC gilt als bislang bestes Zeichen für nachhaltige Fischerei. Aquakulturen sind nur „bio“ gut. Siegeln wie „Delphin-freundlich“ ist nicht zu trauen.

Kommentar Fischsiegel: Das Siegel-Chaos

Aigners Idee, nachhaltig gefangenen Fisch zu kennzeichnen, ist nicht nur überflüssig sondern auch kontraproduktiv. Denn diese Kennzeichnung gibt es schon längst.

Nachhaltiger Fischfang: Guten Gewissens Dorsch essen

Die erste deutsche Fischereigemeinschaft in der Ostsee erhält das MSC-Siegel für umweltschonende Fischerei bei Dorschen.

Ernährung: Guter Fisch, schwer zu kriegen

Wer in Bremens Fischgeschäften korrekt gefangenen Fisch kaufen möchte, hat es schwer: Oft wissen die VerkäuferInnen nicht mal, woher die Ware stammt. Eine Stichprobe