taz.de -- Es war einmal... Olympia: Der Schlagmann, der nicht mehr wollte

Bahne Rabe war ein großartiger Ruderer. 1988 in Seoul gewann er mit dem Achter die Goldmedaille. Den Kampf gegen die innere Leere aber verlor er.
Bild: Bahne Rabe (ganz links) im Viererboot bei seinem letzten Wettbewerb, der Weltmeisterschaft 1995

Er war der Stärkste von allen, der Schlagmann des Achters. Bahne Rabe drückte im Ergometertest auf der Rudermaschine 460 Watt, die anderen nur 400.

Bahne gewann 1988 in Seoul die Goldmedaille mit seinen Teamkollegen. Alle freuten sich, nur Rabe nicht. Auf den Siegerfotos blickt er unbeteiligt. Er konnte sich quälen, genießen konnte er nicht. Später bei der feuchtfröhlichen Feier im olympischen Dorf rennt er scheinbar unmotiviert mit dem Kopf gegen die Wand. Einmal, zweimal. Wolfgang Maennig, im Achter hinter ihm postiert, packt ihn.

„Noch heute denke ich fast täglich an Bahne“ , sagt er. Rabe war anders, das begriffen seine Kameraden früh. Er redete kaum, hatte merkwürdige Schrullen. Aber das alles spielte keine große Rolle, denn er ruderte ja fantastisch. Dass er sich systematisch zu Tode hungern würde, ahnte damals keiner.

„Er hatte so lange trainiert, bis er stark genug war, um sich selbst zu vernichten“ , schreibt Evi Simeoni in ihrem halbfiktiven Roman „Schlagmann“ über den Protagonisten, der niemand anderes ist als Rabe. Sie beschreibt seinen Kampf gegen die innere Leere, seine krankhafte Fixierung aufs Essen. Er zählt jede Kalorie.

Bahne Rabe starb im August 2001. Er wurde nur 37 Jahre alt.

31 Jul 2012

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Markus Völker

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