taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Zukunft ohne Assad

Syrische Oppositionelle wollen einen demokratischen Rechtsstaat. Den Plan dazu finanzierten unter anderem die Schweiz und die USA.
Bild: Protestierende Oppositionelle: Syrien soll ein demokratischer Staat werden.

BERLIN taz | Noch kämpft die syrische Opposition gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad. In Berlin ist derweil die Planung einer künftigen syrischen Demokratie in vollem Gange. Am Dienstag haben Assad-Gegner in Berlin einen Plan vorgestellt, wie es nach dem Sturz des Diktators weitergehen soll.

Dabei forderte Amr al-Azm, einer der Sprecher des Projekts „The Day After“, eine Intervention der internationalen Gemeinschaft: „Wir brauchen jetzt Mittel, um das Regime zu stoppen.“ Allerdings lehnten die Oppositionellen Bodentruppen explizit ab und sprachen sich für die „Schaffung von Schutzzonen“ aus.

In dem vorgestellten 130-seitigen Dokument, das etwa 45 syrische Oppositionelle in mehrmonatiger Arbeit in Berlin erstellt haben, wird der Grundriss eines Syriens nach Assad skizziert. Ziel sei es, ein „Machtvakuum zu vermeiden“, so al-Azm. Laut dem Papier soll das Land in einen demokratischen Rechtsstaat umgewandelt werden.

Ein politisches System wie im benachbarten Libanon, wo die Parlamentssitze proportional zum Anteil der unterschiedlichen religiösen Gruppen verteilt werden, sieht der Plan nicht vor. Eine Übergangsjustiz soll eingesetzt werden, um das Erbe der Diktatur sowie die bewaffneten Auseinandersetzungen zu überwinden.

Geheime Konferenzen in Berlin

Der Sicherheitsapparat sowie das Wahlrecht müssten reformiert und eine neue Verfassung geschrieben werden. Außerdem wollen die Verfasser die syrische Wirtschaft völlig neu ordnen.

Erarbeitet haben die Oppositionellen das Dokument in sechs Konferenzen zwischen Januar und Juni 2012 in Berlin. Aus Sorge vor den syrischen Geheimdiensten wurde das Projekt weitestgehend geheim gehalten. Die Zusammenkünfte wurden von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gefördert, einem staatsnahen deutschen Thinktank.

An der Finanzierung beteiligt waren auch die Außenministerien der Schweiz und der USA sowie Nichtregierungsorganisationen aus den Niederlanden und Norwegen. Das Auswärtige Amt war in die Gespräche involviert, finanzierte das Projekt jedoch nicht mit.

Unklar bleibt, inwieweit die Teilnehmer der Konferenzen das breite Spektrum der Assad-Gegner widerspiegeln. Die Opposition ist in zahlreiche Gruppen aufgespalten.

Wer an den Konferenzen in Berlin teilgenommen hat, bleibt unklar, da der Großteil der 45 Oppositionellen nicht namentlich genannt werden will. Laut dem Papier waren unterschiedliche Gruppierungen involviert. So haben Mitglieder des wichtigsten Oppositionsbündnisses, des Syrischen Nationalrats (SNC), ebenso teilgenommen wie Mitglieder der Freien Syrischen Armee (FSA) und Vertreter der lokalen Koordinierungskomitees.

Vertreten waren auch die verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen der Christen, Sunniten, Alawiten, Kurden und Drusen. Auch die islamistischen Muslimbrüder waren unter den Verfassern des Papiers.

28 Aug 2012

AUTOREN

Hagmann
Sartorius

TAGS

Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien

ARTIKEL ZUM THEMA

Neuaufteilung Syriens: Land nur für Assad-Getreue

In Syrien können Millionen Menschen enteignet werden. Ehemalige Rebellengebiete und Häuser Geflohener fallen an Assad-Loyalisten.

Syrische Minderheit in Israel: Mein Land ist Syrien

1981 hat Israel die Golanhöhen annektiert. Die dort lebenden Drusen verstehen sich als Syrer. Der Rückhalt für Assad ist bröckelig geworden.

Krieg in Syrien: Schutzzonen für die Bevölkerung

Der türkische Außenminister fordert Schutzzonen für die syrische Bevölkerung. Er sagt, wer nicht handelt, wird zum Komplizen. Die Mitglieder im Sicherheitsrat wollen warten.

Syrische Schauspieler gegen Assad: „Auf Diktatorenwitze steht Todesstrafe“

Mit einer satirischen Puppenshow begleitet Regisseur und Schauspieler Jamil die Revolution. Ein Gespräch über schwarzen Humor und die Dummheit von Diktatoren.

Assads Armee schießt auf Bäckereien: Beim Warten auf Brot erschossen

Menschenrechtler werfen der syrischen Armee die gezielte Tötung von Zivilisten vor. Die syrische Delegation hat aus Protest das Gipfeltreffen in Teheran verlassen.

Bürgerkrieg in Syrien: USA und Frankreich uneins

Die syrische Opposition soll sich besser koordinieren, fordert die USA. Damit setzt sich sich vom französischen Präsidenten François Hollande ab.

EU-Kommission verurteilt Massaker: 7.000 Flüchtlinge an Grenze gestrandet

Die EU-Kommission hat das Massaker von Daraja als „vollkommen inakzeptabel“ verurteilt. An der Grenze zur Türkei drängen sich immer mehr Flüchtlinge.