taz.de -- Kommentar Arafat: Kein Mord ohne Motiv
Scharon und Abbas hätten Grund gehabt, Arafat töten zu lassen. Viel spricht aber nicht für sie. Erst die Hamas zog Profit aus dessen Tod.
Wer einen Mord vermutet, wie manche Palästinenser im Fall Jassir Arafat, muss sich auf die Suche nach möglichen Tätern und Motiven begeben. Und da finden sich nicht allzu viele Indizien, die für einen unnatürlichen Tod des Palästinenserpräsidenten im Jahr 2004 sprechen.
Ein Jahr zuvor sah es gerade mal wieder günstig aus für den Friedensprozess im Nahen Osten. Die beiden Ministerpräsidenten Ariel Scharon und Mahmud Abbas einigten sich auf die „Roadmap“, den Fahrplan zum Frieden. Bis 2005 sollte der Palästinenserstaat gegründet werden. Dann kam Arafat und trat auf die Bremse. Abbas musste zurücktreten.
Beide, Scharon wie Abbas, hätten damals guten Grund gehabt, Arafat ermorden zu wollen, vorausgesetzt, es lag ihnen wirklich so viel an der „Roadmap“. Tatsache ist, dass es auch dann nicht zur Umsetzung des Friedensfahrplans kam, als es nach Arafats Tod beiden möglich gewesen wäre.
Scharon begann mit der Planung seines Abzugs aus Gaza ohne palästinensischen Partner. Daran hätte ihn auch Arafat nicht hindern können. Abbas, nun selbst Präsident, nutzte seine neue Macht weder für den Frieden noch für die Demokratie. Stattdessen kam die Anarchie vor allem im Gazastreifen zu neuer Blüte. Aus Angst vor der innerpalästinensischen Opposition ließ Abbas nicht einmal die Hintermänner eines Anschlags verfolgen, der sich gegen ihn selbst richtete. Für den Mord an Arafat hätte er noch viel weniger den Mut aufgebracht.
Politischen Profit aus dem Tod des legendären PLO-Chefs schlug erst die Hamas, als sie ein Jahr später die Wahlen für sich entschied. Aber der Sieg kam für niemanden überraschender als für die Islamisten selbst. Die Hamas kann es auch nicht gewesen sein.
29 Aug 2012
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