taz.de -- Paralympics in London: Schrauben vom Sponsor

In einer temporären Werkstatt können sich Sportler im paralympischen Dorf ihre Rollstühle und Prothesen reparieren lassen. Dahinter steckt ein Sponsor.
Bild: Metallpuzzle: Der Rollstuhl des italienischen Tennisspielers Fabian Mazzei.

LONDON taz | Um 7 Uhr morgens geht es los. Da im Londoner paralympischen Dorf öffnet die Prothesen- und Rollstuhl-Werkstatt des den Sponsors Ottobock. Bis 23 Uhr arbeiten 75 Techniker im Zweischichtbetrieb die Reparatur- oder Anpassungswünsche der Sportler ab. Manche Reparaturen sind nach fünf Minuten erledigt, andere dauern bis zu einen Tag lang. Bis zum Ende der Paralympics werden die Fachleute um die 2.000 Aufträge bearbeitet haben.

Meistens geht es um die exakte Anpassung von Prothesen. Wachsen die Muskeln, muss auch die Prothese neu eingestellt werden, damit sie sich perfekt an den Stumpf ansaugen kann. Es werden defekte Teile ausgetauscht, und bisweilen muss ein auseinandergebrochener Rollstuhl neu verschweißt werden.

Die Athleten aus ärmeren Ländern kommen mit ihren Alltagsprothesen in den Workshop, andere lassen sich ihre Racingblades aus Carbon hier einstellen. Verkauft wird nichts auf dem Olympiagelände, versichert Unternehmenssprecher Karsten Ley.

Sport ist für Ottobock (Jahresumsatz etwa 580 Millionen Euro) ein Marketinginstrument. „Wir stellen etwa 150.000 Alltagsprothesen pro Jahr her, aber nur 150 Sportprothesen.“ Die Arbeit in den Workshops soll zur Kundenbindung beitragen und für internationales Prestige sorgen.

Zwei Drittel der Techniker vor Ort sind Freiwillige aus unabhängigen Sanitätshäusern. Ottobock zahlt Unterkunft und Spesen. Die Techniker sind stolz, bei den Paralympics mitarbeiten zu dürfen. Marcus Vogel war schon in Peking dabei. Seine Erfahrungen dort haben ihn dazu bewogen, in seinem Sanitätshaus in Bad Mergentheim bei Würzburg auch Sportprothesen anzubieten – vor allem für Hobbysportler, die mit Blades joggen wollen.

7 Sep 2012

AUTOREN

Daniel Zylbersztajn

ARTIKEL ZUM THEMA

Zukunft der Paralympics: Kein blödes Glotzen mehr

Viele Behinderte gewinnen mit den Sportspielen von London neues Selbstbewusstsein. Sie hoffen auch auf mehr Akzeptanz in den Sportclubs.

Debatte Paralympics: Stars ohne Rückhalt

Längst haben anders talentierte Spitzensportler die Nische verlassen. Paraxoderweise bringt das nicht viel mehr Integration.

Indien bei den Paralympics: Rütteln am Riesen

Hochspringer Girisha Hosanagara hat Silber für das winzige indische Team gewonnen. Sein Satz soll den Parasport in seiner Heimat endlich zum Leben erwecken.

Paralympics-Gewinner Markus Rehm: „Das stimmt, das ist ungerecht“

Der Leichtathlet Markus Rehm über seinen Weg hin zum Behindertensport, unfaire Wettkämpfe und den oft aussichtslosen Kampf um Sponsoren

Sprint bei den Paralympics: 19-Jähriger gewinnt Gold

Der Brite Jonnie Peacock läuft die 100 Meter in 10,90 Sekunden und gewinnt damit den Sprint. Die Münchenerin Birgit Kober holt die 14. Goldmedaille für Deutschland.

Blindenfußball bei den Paralympics: Bloß nicht zu viel jubeln!

Beim Torball, dem Fußball für Blinde, muss es in der Halle leise sein, damit die Spieler den Ball hören können. Das ist gar nicht so leicht, wenn viel los ist.

Diskussion bei Paralympics über Regeln: Der Partner als Bremse

Die blinde Italienerin Annalisa Minetti läuft mit ihrem Begleiter einen Weltrekord – und gewinnt trotzdem nur Bronze.