taz.de -- Zerstörung des syrischen Kulturerbes: Flammen im Basar von Aleppo

Nach dem katastrophalen Großbrand im Suk von Aleppo befürchten Aktivisten, dass die meisten Geschäfte zerstört wurden. Der Verlust sei eine Tragödie.
Bild: Seit dem 13. Jahrhundert gibt es im Basar von Aleppo – hier vor den Kämpfen – Nüsse, Datteln und allerlei Köstliches zu kaufen.

BEIRUT taz | Im historischen Suk der nordsyrischen Handelsmetropole Aleppo sind bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen am Wochenende zahlreiche Geschäfte in Flammen aufgegangen. Oppositionelle berichteten von Explosionen am Tor Bab al-Nasr. Videos aus dem traditionell dicht bevölkerten Basar zeigen menschenleere Gassen und heruntergelassene Rollläden vor den Arkaden. Durch den jüngsten Großbrand wurden Teile des nördlich gelegenen Marktes Salaheddins zerstört.

Es sei ein „großer Verlust und eine Tragödie“, dass die Altstadt der syrischen Metropole von den Kämpfen verwüstet worden sei, sagte der Direktor des Weltkulturerbeprogramms, Kishore Rao. Das alte Zentrum von Aleppo wurde 1986 als Weltkulturerbe aufgenommen.

Der örtliche Aktivist Ahmad al Halabi schätzt, dass die Mehrzahl der Geschäfte in der Nacht zum Samstag niederbrannte.

„Es ist eine Tragödie, mit anzusehen, wie der Suk im Weltkulturerbe nun in Flammen aufgeht“, sagt auch Marc Wohlrabe, Student am Fachbereich World Heritage Studies der Universität Cottbus, der sich seit 2004 zusammen mit syrischen Experten mit der Sanierung der Altstadt von Aleppo beschäftigt.

Der überdachte Suk liegt unterhalb der alten Zitadelle der Stadt, die seit fast 9.000 Jahren durchgehend besiedelt ist. Einst wurden Nomaden hier im „fruchtbaren Halbmond der Levante“ nahe des Euphrats sesshaft und gründeten die ersten Dörfer der uns bekannten Menschheitsgeschichte. Dank des Handels, den die ersten Bewohner über die Jahrtausende hinweg mit den vorbeiziehenden nomadischen Völkern trieben, wurde die Stadt (arab. Halab) bald zum meist friedlichen Schmelztiegel der Kulturen.

Alle Religionen der Region und alle ethnischen Gruppen – Assyrer, Kurden, Armenier und Juden, um nur die historisch wichtigsten zu nennen – trieben hier Handel. Seit dem 13. Jahrhundert war der Suk eine wichtige Station der Seidenstraße. Die feinsten Waren Afrikas, Arabiens und Asiens gab es hier. Wer sich hungrig in den kilometerlangen, farbenfrohen und auch im Sommer halbwegs angenehm temperierten Handelswahn begab, musste viel Zeit einplanen. Mandeln in den verschiedensten Röstungen, Datteln, Feigen, alles wurde dem Reisenden angeboten, kostenlos, bei einem Glas Tee und einem Plausch, egal in welcher Sprache.

In Hunderten von Arkaden wurde alles feilgeboten, was die Region und die internationalen Handelbeziehungen hergaben: gelebter Kulturaustausch, immer mit viel Humor. Im schattigen Licht, das durch die Sonnensegel, Holz- und Glasdächer des Suks hereinfiel, wurden handgemachte Olivenseife, sämtliche Gewürze, Gold, Diamanten, Seide, Brokat, Damaszener und Aleppiner Stahl, Unterwäsche, Kopftücher, religiöse Schriften, Elektrogeräte, Hygienebedarf, Kosmetik, Dolche und noch viel mehr seit Ewigkeiten angeboten.

Der beeindruckendste der Khans – wie die Marktteile innerhalb des Suks heißen – ist der Khan al-Jumruk, der 1574 fertiggestellt wurde. In osmanischer Zeit und später residierten hier das holländische und das französische Konsulat und auch deren Import-Export-Agenten neben bis zu 344 Geschäften, geführt von Männern weitverzweigter Familien, wenn es um Seide, Stahl und Gewürze für Europa ging.

30 Sep 2012

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Zajcek

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