taz.de -- Kommentar „Racial Profiling“: Keine Selbstverständlichkeit
Polizeikontrollen nach Hautfarbe sind rechtswidrig, hat ein Gericht entschieden. Doch besser wäre, verdachtsunabhängige Kontrollen generell zu verbieten.
Niemand darf in Deutschland von der Polizei nur deshalb angehalten und kontrolliert werden, weil er dunkle Hautfarbe hat. Das hat jetzt das Oberverwaltungsgericht Koblenz festgestellt. Dunkle Hautfarbe begründe noch keinen Verdacht, dass jemand illegal in Deutschland lebt.
Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit. Aber jeder der regelmäßig Bahn fährt, kennt solche Kontrollen, bei denen die Polizei nur die Ausweise von Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe kontrolliert. Die Bundespolizei hat ein solches Verdachtsprofil vor Gericht auch ausdrücklich eingeräumt und das Koblenzer Verwaltungsgericht hat dies in erster Instanz sogar für zulässig erklärt. Es geht also leider doch nicht um Selbstverständlichkeiten, sondern um eine dringend nötige Klarstellung.
In der Folge dieses Urteils wird die Bundespolizei nun vermutlich häufiger einfach alle Zuginsassen kontrollieren. Das ist für „weiße“ Deutsche zwar lästiger, aber auch weniger beschämend, als wenn sie von der Polizei offensichtlich privilegiert werden. Sinnvoller wäre aber, wenn die Bundespolizei auf solche Kontrollen zumindest bei Strecken tief im Inland völlig verzichten würde. Der konkrete Fall spielte sich zwischen Frankfurt/Main und Kassel ab – weitab von jeder Grenze.
Am besten wäre es jedoch, wenn die entsprechende Norm im Bundespolizeigesetz gleich völlig abgeschafft würde. Derzeit sind verdachtsunabhängige Kontrollen erlaubt, um die „unerlaubte Einreise“ von Ausländern zu verhindern. Es ist aber völlig unverhältnismäßig, für so ein harmloses Delikt, bei dem ja niemand zu Schaden kommt, solche schikanösen Polizeistaatsmethoden vorzusehen. Parteien, die sich etwas trauen, sollten das zum Wahlkampfthema machen.
30 Oct 2012
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