taz.de -- Kommentar Gütesiegel Tierfleisch: Unfug aus der Umweltecke
Die vielen Siegel verwirren den Verbraucher, der profitiert von den bunten Bildern nur wenig. Der Händler hingegen poliert sein Nachhaltigkeitsimage auf.
Im Supermarkt gibt es neue Bildchen. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hat ein Siegel für tierfreundliche Hähnchenproduktion entwickelt. Damit folgt sie dem Vorbild des Tierschutzbundes, der auch solche Siegel vergibt, zusätzlich zum Neulandsiegel, außerdem gibt es natürlich noch Biosiegel … Hallo, sind Sie noch da?
Die zahlreichen Abzeichen für nachhaltig erzeugtes Fleisch – ohne Gentechnik, tierfreundlich, tierfreundlicher, biologisch oder nach Mondkalender gefüttert – verwirren den Verbraucher. Wer glaubt, dringend notwendige Verbesserungen in der Landwirtschaft ließen sich über informierte Kaufentscheidungen erreichen, der muss Kunden aber klare Handreichungen bieten.
Siegel müssen wiedererkennbar sein, verständliche Botschaften transportieren und massenhaft sichtbar sein. So funktionieren starke Marken. Die Tierschutz- und Umweltverbände täten also besser daran, ihr Geld und Personal dafür einzusetzen, für bestehende Siegel zu werben. Sonst kannibalisieren sich die nachhaltig produzierten Produkte gegenseitig, und das in einer winzigen Nische.
Für den Handel indessen ist der Siegelwirrwarr erfreulich. Er kann seinen Kunden eine breite Produktpalette bieten und sein Nachhaltigkeitsimage aufpolieren – während er die Kassen mit Fleisch aus industrieller Tierhaltung füllt. Und diese ist es, die dringend neue Regeln braucht: mehr Platz und Lebenszeit für die Tiere.
Adressat dieser Forderung ist der Gesetzgeber. Der bestimmt die Regeln, wie 99 Prozent des im Supermarkt verkauften Fleisches erzeugt werden. Die schwarz-gelbe Koalition setzt auf eine exportorientierte Landwirtschaft, die zu Weltmarktpreisen produziert. Ein vernünftiger Umgang mit Tieren hat da keinen Platz. Was also bleibt dem verwirrten Verbraucher? Wählen.
9 Nov 2012
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