taz.de -- Kommentar Fettsteuer Dänemark: Es geht nicht um Ampeln

Das Ende der dänischen Fettsteuer ist ein Punktsieg für die Industrie. Doch letztlich geht es ohnehin um viel mehr als nur um Packungsmarkierungen.
Bild: Das hier auf lecker Hackfleisch montierte neue Siegel ist nicht besonders stylish.

Nur ein Jahr hat sie gehalten, die Steuer auf fetthaltige und damit vermeintlich ungesunde Produkte in Dänemark. Und die Lobby der Lebensmittelindustrie, die das Experiment über Dänemark hinaus ängstlich verfolgt hatte, reibt sich die Hände. Denn der befürchtete Exportschlager Fettsteuer wird nicht kommen.

Dabei ist von Ärzten bis zu Verbraucherschützern Konsens: Ernährungsbedingte Krankheiten sind ein wachsendes Problem. Der Markt an Lebensmitteln ist so groß, die Bandbreite dessen, was da in den Supermarktregalen steht, so unübersichtlich, dass sich kaum einer mehr auskennt. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen: So schätzen Verbraucher etwa Schokolade mit Fair-Trade-Siegel als gesünder ein als die nicht fair gehandelte – auch wenn die gleichen Zutaten drin sind.

Die am meisten diskutierte Lösung ist eine Kennzeichnung nach Ampelfarben. Doch hier steht ein Gesetzgeber vor dem gleichen Problem wie bei einer Steuer: Was ist eigentlich ungesund? Ist ein hoher Fettgehalt in Nüssen tatsächlich das Gleiche wie die Margarine im Fertiggebäck? Ist Limonade gesünder als Saft, wenn sie weniger Kalorien und Zucker enthält?

Das Unwissen über Produkte, ihre Inhaltsstoffe und deren Ursachen etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beseitigt man nicht mal eben mit ein paar Farbpunkten. Es geht um viel mehr: um Fernsehwerbung als Köder, um die Gestaltung von Verpackungen, um die Platzierung von Quengelware, um die Ehrlichkeit der auf der Verpackung angegebenen Portionsgrößen.

Und ja, letztlich geht es auch um Bildung. Darum, schon Kindern zu vermitteln, was Limonade vom Fruchtsaftgetränk und das vom Direktsaft unterscheidet. Der Vorteil: Je kleiner die Maßnahme, desto weniger Widerstand ist von der Industrie zu befürchten. Und desto wahrscheinlicher wird es, dass sich tatsächlich etwas ändert.

11 Nov 2012

AUTOREN

Svenja Bergt

TAGS

Dänemark
Ernährung
Aigner
Dänemark

ARTIKEL ZUM THEMA

Verbraucheraufklärung: Und noch ein Lebensmittelsiegel

Ein weiteres Label kennzeichnet Produkte aus der Region. Aber der Verbraucher ist „jetzt schon hoffnungslos überfordert“. Aufklärung oder PR?

Dänemark schafft Fettsteuer ab: Fløde wird wieder billiger

Nach nur einem Jahr schafft die dänische Regierung die sogenannte Fettsteuer wegen der „sozialen Schlagseite“ wieder ab. Ärzte warnen vor hohen Folgekosten.

Streit der Woche: "Ich bin für die Fettsteuer"

Dänemark erhebt als erstes Land weltweit eine Fettsteuer, damit die Bürger sich gesünder ernähren und länger leben. Auch in Deutschland wird das gefordert.

Streit der Woche: Braucht Deutschland eine Fettsteuer?

Dänemark erhebt eine Strafsteuer auf fettiges Essen, um die Bürger zu gesunder Ernährung zu erziehen. Ein Päckchen Butter wird dadurch um 30 Cent teurer.

Unter Ernährungsexperten umstritten: Dänemark beschließt Fettsteuer

Immer rein mit den gesättigten Fetten? "Nein", sagt die dänische Regierung und führt eine "Fettsteuer" ein. Die Landwirtschaftslobby läuft Sturm.

Gesundheitspolitik über den Geldbeutel: Dänemark führt Fettsteuer ein

Der Handel in Dänemark ist verärgert: Die Regierung hat eine "Gesundheitssteuer" beschlossen. Bemessungsgrundlage ist der Fettgehalt von Lebensmitteln.