taz.de -- Von Praunheim hat Geburtstag: Hui, Rosa! Schon 70!

Regisseur, Autor, Krawallschwester, Kämpfer: Rosa von Praunheim, einer der Wegbereiter der modernen deutschen Schwulenbewegung, wird 70.
Bild: Alt werden, bunt bleiben: Rosa von Praunheim.

Pfui, Rosa! Was wurde der Mann gescholten, angegriffen, gehasst: Als Rosa von Praunheims legendäre Filmdokumentation „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ 1973 in der ARD ausgestrahlt wurde, schaltete sich der Bayerische Rundfunk aus der Ausstrahlung aus.

Der Skandal war trotzdem in der Welt – endlich wurde wieder öffentlich über Homosexualität in Deutschland debattiert, Jahrzehnte nachdem Schwule in KZs gestorben waren. Von Praunheim – eigentlich: Holger Bernhard Mischwitzky – gilt seitdem als einer der Wegbereiter der modernen deutschen Schwulenbewegung.

Doch auch mit den Schwulen hatte er stets Ärger: Viele wollten zunächst gar nicht, dass ihre Lebensweise in die Öffentlichkeit getragen wird, sie wollten lieber „im Schrank“ bleiben. Dann kam Aids, und Rosa mischte sich an vorderster Front ein, kämpfte für die Durchsetzung von Safer Sex, zum Teil auch gegen den erklärten Willen der Bewegung. Ein Kampf, der Anfang der Neunziger darin mündete, dass von Praunheim im Fernsehen Prominente outete, darunter Alfred Biolek und Hape Kerkeling.

Aber Rosa von Praunheim ist natürlich viel mehr als nur eine legendäre „Krawallschwester“. In erster Linie war und ist er Filmemacher und Schriftsteller, Dramatiker und Bühnenautor – ein Künstler, der der Welt unglaublich schräge Filme wie „Die Bettwurst“ geschenkt hat, aber auch liebevolle Dokumentationen wie „Wunderbares Wrodow“, das Porträt einer Dorfgemeinschaft in Mecklenburg-Vorpommern.

Und von Praunheim, das deutsche Nachkriegswunder, hört und hört und hört nicht auf. Anlässlich seines 70. Geburtstags, den er an diesem Sonntag feiert, drehte er innerhalb eines Jahres 70 Filme. „Rosas Welt“ heißt das Konvolut, bestehend aus 63 Dokus und 7 Spielfilmen. Es gibt ein Filmfestival, das die 70 Filme in sieben Städten zeigt.

Festspiele für Rosa, Tausendsassa und Nervensäge. Ein Buch hat er gerade rausgehauen, „Ein Penis stirbt immer zuletzt“. Was kommt da noch alles auf die Nation, auf die Welt zu, in Rosas nächsten Lebensjahrzehnten? Er selbst sagt ja, dass er sich eher wie 7 als wie 70 fühlt.

25 Nov 2012

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Martin Reichert

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