taz.de -- Opposition in Kuba: Auf dem Monitor der Staatsmacht

Der kritische Fernsehmoderator von „Estado de Sats“ kommt nach 19 Tagen Haft wieder frei. Er war wegen „Widerstands“ angezeigt worden.
Bild: Antonio G. Rodiles ist wieder frei.

BERLIN taz | Nach 19 Tagen Haft ist der kubanische Fernsehmoderator Antonio G. Rodiles wieder frei. 800 kubanische Pesos musste seine Familie zahlen, um den 40-Jährigen freizubekommen, der am 7. November gemeinsam mit Freunden und Anwälten vor der Polizeistation Acosta aufgetaucht war, um sich nach der festgenommen Anwältin Yaremis Flores zu erkundigen.

Daraufhin wurde Rodiles gemeinsam mit anderen Oppositionellen wie der bekannten Bloggerin Yoani Sánchez festgenommen. Doch im Gegensatz zu Sánchez wurde der Direktor des Fernsehprogramms „Estado de Sats“ nicht wenige Stunden später freigelassen, sondern wegen „Widerstand“ angezeigt und festgehalten. Für Jorge Calaforra, der das Fernsehformat gemeinsam mit Rodiles vor mehr als zwei Jahren entwickelte, ein Angriff auf einen der wenigen Freiräume zur Debatte.

„Estado de Sats ist ein Ort, wo Künstler, Blogger, Anwälte oder Oppositionelle offen diskutieren, aber auch auftreten können“, so der in Polen lebende Calaforra. Der Name der Sendung bedeutet so viel wie Hochspannung, und zum kritischen Meinungsaustausch haben Calaforra und Rodiles, die anfangs beide als Direktoren fungierten, auch staatliche Vertreter eingeladen. Allerdings, so Calaforra, ohne Erfolg. Das Programm wurde von Beginn an von den Behörden kritisch beäugt.

Seit das Format vom US-Propagandasender TV Martí ausgestrahlt wird, hat der Druck zugenommen. Angriffe gegen das für den US-Fernsehpreis Emmy nominierte Programm hat es mehrfach gegeben. So ist Antonio Rodiles wiederholt von den Behörden vorgeladen worden, sein Haus, wo die Sendungen aufgezeichnet werden, wird videoüberwacht, und Teilnehmer der Sendung wurden auf der Straße angehalten und eingeschüchtert.

29 Nov 2012

AUTOREN

Kaufmann

TAGS

Kuba
Yoani Sánchez
Kuba
Kuba
Kuba
Kuba
Farc
Kuba

ARTIKEL ZUM THEMA

Unabhängige kubanische News-Website: Der blockierte Traum

14ymedio, das neue Projekt von Yoani Sánchez, will kritischen Journalismus bieten. Doch auf Kuba könnte die Seite weitgehend unbekannt bleiben.

Kubanische Bloggerin in Brasilien: Castro-Freunde verhindern Debatte

Bei ihrer ersten Veranstaltung in Brasilien wurde die kubanische Bloggerin Sánchez von regierungsfreundlichen Demonstranten niedergebrüllt.

Kubanische Bloggerin: Sánchez reist ins Ausland

Am Sonntag flog die Dissidentin nach Brasilien. Jahrelang kämpfte sie vergebens um einen Pass. Nun profitiert sie von der neuen Reisefreiheit und will auf alle Fälle zurückkehren.

Cholera in Kuba: Der Brechdurchfall ist zurückgekehrt

Fast 130 Jahre galt Cholera als besiegt in Kuba. Im letzten Jahr gab es einige Hundert Fälle im Osten der Insel. Jetzt hat die Infektionskrankeit Havanna erreicht.

Neues kubanisches Reisegesetz: Urlaub, Geld verdienen, auswandern

Nun gilt das neue kubanische Reisegesetz. Landesweit wurden 200 Büros eingerichtet, um dem Ansturm der Reisewilligen zu begegnen.

Friedensverhandlungen in Havanna: Eine Schiffsladung voller Vorschläge

Kolumbiens Regierung und die Guerilla wollen die Zivilgesellschaft an den Verhandlungen beteiligen. Ob ihre Forderungen durchkommen, bleibt offen.

Dissidenten in Kuba: Yoani Sánchez erneut verhaftet

Die preisgekrönte Bloggerin Yoani Sánchez und weitere Regierungsgegner sind in Kuba verhaftet worden. Der Vorwurf lautet auf gesellschaftliche Disziplinlosigkeit.