taz.de -- Veränderung der GEZ-Gebühren: Keiner klingelt mehr

Die Gebühr weicht dem Beitrag. Und die GEZ? Treibt jetzt als Beitragsservice die Gelder ein – doch nur telefonisch und per Post.
Bild: Die GEZ ist künftig „Beitragsservice“. Leute mit Fernseher kostet auch das etwas

Die vielfach verhasste Verwaltungsmaschine hat sich auf dem Fernsehgelände des WDR eingemietet, draußen in Köln-Bocklemünd in einem Zweckbau aus den siebziger Jahren. 15,4 Millionen „Erst- und Erinnerungsschreiben“ haben die Mitarbeiter der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) im zuletzt bilanzierten Jahr 2011 verschickt. Dazu kamen 3,6 Millionen Anrufe, zum großen Teil allerdings an Call-Center ausgelagert.

Auch künftig wird hier viel zu tun sein, denn wenn fortan keine Gebühr für ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr anfällt, braucht es zwar wörtlich genommen auch keine Gebühreneinzugszentrale mehr – wohl aber einen Apparat, der die nun als Beiträge bezeichneten Abgaben einsammelt. Die GEZ nennt sich ab Januar denn auch „Beitragsservice“. Eine alte Einrichtung hisst eine neue Flagge.

Von einem „ehrheblichen Mehraufwand“ – die neue Datengrundlage muss erst ins System eingepflegt werden – spricht der Verwaltungsdirektor des WDR, Hans W. Färber. Er betreut die bisherige GEZ für die Sender und erklärt, sie werde in den nächsten drei Jahren etwa 250 neue Mitarbeiter einstellen, befristet bis Ende 2015. Danach allerdings sollen es sogar deutlich weniger als in der Vergangenheit werden.

Weniger bürokratischer Aufwand

„Das neue Modell 'eine Wohnung – ein Beitrag' ist in der Abwicklung viel einfacher als das bisherige, für das es auf die Art und Anzahl der Geräte ankam“, sagt Färber. „Wir gehen deshalb davon aus, unseren Aufwand für die Gebühren- beziehungsweise Beitragserhebung bis Ende 2016 um mindestens 20 Prozent senken zu können.“ Aus den früher 1.070 GEZ-Stellen sollen 930 für den Beitragsservice werden.

Der wird auch künftig Geld eintreiben müssen. Immer dann, wenn ein Haushalt nicht befreit ist, aber trotzdem keinen Beitrag entrichtet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hat die GEZ 714.000-mal Gerichtsvollzieher aktiviert, um zu pfänden oder den Betroffenen eidesstattliche Versicherungen abzuringen, dass sie pleite sind. Im ohnehin höchst lesenswerten Geschäftsbericht der GEZ wird diese Zahl übrigens unter „Produkt: Erlangung rückständiger Forderungen“ gelistet.

Ein weiteres Produkt ist die „Gewinnung neuer Teilnehmer“. Hier stehen nun die größten Veränderungen an, etwa bei den umstrittenen Hausbesuchen, mit der in der Vergangenheit „Schwarzseher“ aufgespürt werden sollten. Zuletzt haben 1.100 Gebührenbeauftragte, die von den ARD-Sendern aktiviert und teils auf Provisionsbasis bezahlt wurden, „334.000 Belege mit An- und Zumeldungen von Rundfunkgeräten“ beigeschafft. Bei ihren Streifzügen durch Wohnanlagen haben sie also Hunderttausende Geräte entdeckt, die bisher nicht angemeldet waren.

Besseres Image erwünscht

Nun aber spielt es keine Rolle mehr, ob man einen Fernseher hat. WDR-Mann Färber verspricht: „Die Besuche an der Wohnungstür entfallen.“ Der künftige Beitragsservice werde die Bürger „ausschließlich telefonisch und per Post“ kontaktieren. Die Sender hoffen damit auf ein besseres Image. Wer wo lebt, erfahren sie unterdessen von den Einwohnermeldeämtern.

Nun dürfte es allerdings auch künftig Klärungsbedarf geben: Die GEZ erfährt zwar, wer unter welcher Hausnummer lebt, aber nicht, wer mit wem zusammen. Die Parole lautet allerdings „eine Wohnung – ein Beitrag“ und nicht „ein Haus – ein Beitrag“. Werden die Sender also wirklich ganz auf ihren Außendienst, der von der ARD verantwortet wird, verzichten können?

Rechtlich ist die Sache einfach: Klingelbretter ablesen wäre ebenso drin wie Anfragen bei Vermietern, diesen Spielraum bietet das Gesetz. „Wir setzen auf die Ehrlichkeit der Bürgerinnen und Bürger“, mahnt hingegen Färber. Und einen Plan B? Nein, den habe man nicht.

13 Dec 2012

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Daniel Bouhs
Daniel Bouhs

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