taz.de -- Kommentar Flüchtlingsheim: Diffuse Ängste
Solange Flüchtlinge in Heimen in Gewerbegebieten und am Stadtrand leben müssen, werden sie nicht gesehen. Man kennt sie nicht.
Flüchtlingsheime gibt es in Bremen seit Jahren, Jahrzehnten. Neu ist, dass ein breiter Konsens in Bevölkerung und Stadtteilparlamenten besteht, dass in den Einrichtungen „Mittel und Personal in Abhängigkeit von den humanitären Bedürfnissen zur Verfügung gestellt werden“, wie es in dem aktuellen Beschluss des Beirats Schwachhausen heißt. Und ganz ähnlich in dem des Beirats Mitte. Oder, wieder Schwachhausen, dass die Sozialbehörde für „Mobilität für die Bewohner und Bewohnerinnen sowie für deren Kommunikation mit Behörden und zuständigen Organisationen wie Refugio“ sorgt. Und deren „gesundheitliche Versorgung gewährleistet“ ist.
Die StadtteilpolitikerInnen fordern dies, weil in ihrer Nachbarschaft eventuell für ein paar Monate Flüchtlinge leben sollen. Dass es dabei wohl weniger um die Sorge um diese Menschen geht als um das eigene Wohl, ist unwichtig. Entscheidend ist, dass sie und ihre Probleme von der Mehrheitsgesellschaft überhaupt wahrgenommen werden. Solange Flüchtlinge in Heimen in Gewerbegebieten und am Stadtrand leben müssen, werden sie nicht gesehen. Man kennt sie nicht. So lassen sich vielleicht auch einige Ängste erklären, die die Schwachhauser jetzt dazu treiben, auf die zeitliche Begrenzung der Unterkunft zu drängen. Sie haben nur diffuse, von Schlagzeilen geprägte Vorstellungen. Vom Alltag der Familien und Einzelpersonen haben sie keine Ahnung. Woher auch.
21 Dec 2012
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Flüchtlinge sollen psychologisch besser betreut werden. Doch Bremen fehlt es weiterhin an Geld, TherapeutInnen und DolmetscherInnen.
Auf einer Sitzung des Ortsbeirats im Bremer Stadtteil Vegesack sprechen sich Lokalpolitiker gegen Unterkünfte für Flüchtlinge aus. Befürworter werden niedergebrüllt.
Der Gemeinderat Undeloh hat gegen eine Flüchtlingsunterkunft in seinem Dorf gestimmt. Flüchtlinge würden rumgammeln und Besucher vergraulen.
Schneller als erwartet müssen Flüchtlinge in einer Notunterkunft in einer ehemaligen Schule untergebracht werden. Montag sollen die ersten Familien kommen.
Auf einer Sitzung des Beirats Schwachhausen sind die, die gar kein Problem mit einem Flüchtlingsheim in ihrer Nähe haben, in der Minderheit. Die Rassisten aber auch.