taz.de -- Kommentar Waffenbesitz USA: Der historische Moment

Wenn die USA mit der Entwaffnung von Zivilisten ernst machen wollen, dann muss das schnell geschehen. Und von ganz oben angeordnet werden.
Bild: Business as usual: Waffenscheinklasse in Florida.

Die USA haben viele historische Momente verpasst, um ihre Zivilisten zu entwaffnen. Während andere Länder am Ende blutiger Konflikte die Schusswaffen aus dem Verkehr ziehen und das als Beitrag zur Befriedung betrachten, haben die USA am Ende ihres Unabhängigkeitskrieges das Recht auf Schusswaffenbesitz in ihrer Verfassung verewigt.

Mehr noch: Sie haben es als „Notwendigkeit für die Sicherheit eines freien Staates“ definiert. Und zugelassen, daß die Privilegien der Schusswaffenfreunde jede technologische Erneuerung und jede gesellschaftliche Veränderung überstehen, und ihre Interessengruppen politisch immer mächtiger geworden sind.

So weit so schlecht. Doch diese Entwicklung ist keineswegs unveränderbar. In der Geschichte hat es schon mehrfach Situationen gegeben, in denen das Erstarken der Waffenlobby zumindest vorübergehend abgebremst werden konnte. Eine davon war Ende der 1960er Jahre, nachdem John F Kennedy und Martin Luther King ermordet worden waren; eine andere Anfang der 1990er Jahre, nachdem Ronald Reagan ein Attentat überlebt hatte. In beiden Fällen kam es, nach jeweils langen und extrem kontroversen Debatten, zu verstärkten Schusswaffenkontrollen – vorübergehend.

Heute, nach der Schießerei an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown, bei der 20 kleine Kinder und sechs Erwachsene umgekommen sind, ist erneut ein historischer Moment, in dem es möglich scheint, ein wenig Vernunft in die Schusswaffendebatte zu bringen. Und zumindest die größten Exzesse – darunter die Bewaffnung von Zivilisten mit Kriegsgerät wie halbautomatischen Schnellfeuerwaffen – zu stoppen.

Eile ist geboten. Denn schon bald wird die moralische Empörung und der Ruf nach strengerer Schusswaffenkontrolle wieder von der finanz- und lautstarken Lobby der Waffenfreunde übertönt werden. Wer ihnen Paroli bieten will, darf nicht auf den Kongress hoffen. Dort sind die Abgeordneten, die mutig genug sind, sich gegen die Schusswaffenlobby zu stellen, eine Minderheit. Die meisten anderen haben Angst, dass sie nie wieder gewählt werden, wenn sie sich die Schusswaffenlobby zur Feindin machen.

Etwas verändern kann sich nur von ganz oben. Barack Obama und sein Vizepräsident Joe Biden tun genau das Richtige, wenn sie jetzt mit höchster Priorität versuchen, die Schusswaffenkontrolle zu verstärken. Und wenn sie notfalls gegen den Willen des Kongress handeln.

11 Jan 2013

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Dorothea Hahn

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