taz.de -- Atlas für Sonne und Wind: Schatzkarte des 21. Jahrhunderts
Künftig liegen die Ressourcen nicht mehr im Boden, sondern in der Luft. Die größte Datensammlung für Erneuerbare zeigt, wo sie zu finden sind.
BERLIN taz | Seit dieser Woche gibt es eine Schatzkarte für das 21. Jahrhundert. Während sich in Abu Dhabi Vertreter von 136 Staaten über die Zukunft der erneuerbaren Energien berieten, stellte der Veranstalter, die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien, einen neuartigen [1][globalen Ressourcenatlas] online. Er zeigt, wo auf dem Planeten die Sonne wie stark scheint und wo der Wind weht – ausschließlich Ressourcen also, die sich selbst erneuern.
Noch nie sind derart viele Daten weltweit verknüpft worden, um zu zeigen, wo die Potenziale einer neuen Energiewirtschaft liegen. Das Video zeigt die Windgeschwindigkeiten der letzten 30 Jahre auf der Erde. Die blauen und grünen Gebiete – hauptsächlich auf dem Festland in Äquatornähe – sind sehr windschwach. Es folgen Gelb, Orange und Rot; in den violett gefärbten Teilen des Planeten weht der Wind am stärksten.
Erstellt hat das Video der Münchner Unternehmer und langjährige Klimaforscher [2][Johannes Sander], teilweise aus Messreihen der Weltorganisation für Meteorologie sowie aus [3][Daten der Nasa]. Die sind frei zugänglich, in der EU kosten sie. „Kleine Unternehmen können sich die horrenden Gebühren nicht leisten“, sagt Sander
Der größte Schatz für Europa bläst über dem Nordatlantik. „Davon lebt die Windenergie auch in Deutschland“, sagt Sander. Vor allem im Dezember und Januar brauen sich dort starke Stürme zusammen. Die Ausläufer bescheren Irland, England, Nordfrankreich, Dänemark und Norddeutschland in diesen Monaten hohe Winderträge. Im Sommer herrscht eher Flaute, weil die Temperaturunterschiede zwischen Tropen und Polarregion schwächer sind und damit auch die Stürme. „Großbritannien und Irland gehören zu den besten Windstandorten der Welt“, sagt Sander.
Rückschlag für Erneuerbare
Aus der Beobachtung des Windes lassen sich weitere Schlüsse ziehen: Langfristig, in Zeiträumen von 30 Jahren gerechnet, sind die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten konstant, sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD). „Aufs Jahr gerechnet können sie aber um 20 bis 30 Prozent schwanken. Das ist chaotisch und nicht vorhersehbar“, sagt Andreas Friedrich, Meteorologe beim DWD. Auch mehrere Jahre hintereinander können extrem windschwach sein. „Viele Investoren haben das nicht auf dem Schirm und kommen dann in Schwierigkeiten“, sagt Sander.
Weltweit verzeichnen die erneuerbaren Energien seit Jahren ein starkes Wachstum. Fast die Hälfte der im Jahr 2011 weltweit installierten Kraftwerkskapazität machten laut des [4][Netzwerks REN 21] Solar-, Wind- und Wasserkraft aus, auch wenn ihre tatsächliche Stromerzeugung niedriger ist. Allerdings gab es 2012 einen Rückschlag. In Deutschland sanken die Investitionen laut [5][Bloomberg New Energy Finance] um 27 Prozent auf 17 Milliarden Euro, weltweit um 11 Prozent auf 200 Milliarden Euro.
Im Zuge der Eurokrise ist die staatliche Förderung massiv gekürzt worden, die Märkte für Wind- und Solaranlagen in Spanien und Italien brachen um über die Hälfte ein. In den USA flossen 30 Prozent weniger Kapital, vor allem weil Investoren keine Klarheit über den künftigen Kurs der US-Regierung hatten. Zum Vergleich: Derzeit gibt es dank neuer Fördermethoden für Öl und Gas in dem Bereich einen Boom. Laut der [6][Internationalen Energieagentur] flossen im vergangenen Jahr 464 Milliarden Euro in die Erschließung neuer Lagerstätten – gegenüber 2008 ein Plus von 8 Prozent.
Der positive Trend bei den Erneuerbaren: China stellt immer schneller auf alternative Energien um, dort wuchs der Markt 2012 um 20 Prozent auf 50 Milliarden Euro. Zum Teil ist das Sinken der weltweiten Investitionen paradox: Zwar wird immer mehr Solarleistung installiert, aber für weniger Geld – die Module kosten heute ein Viertel weniger als noch vor einem Jahr.
18 Jan 2013
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