taz.de -- Kommentar Echo-Nominierung Frei.Wild: Guns of Brixen

Das Problem mit Frei.Wild ist nicht wie bei Rammstein ein primär Ästhetisches. Denn es geht um scheußliche Dinge wie Heimat, Ehre und Tradition.
Bild: Geht es nach dem Anti-frei.Wild-Bündnis, sollen am 12. April ganz andere Kappen das Ortsbild von Aurich bestimmen.

Letztlich ist die Nominierung der Südtiroler Band Frei.Wild für den Musikpreis „Echo“ in der Kategorie „Rock/Alternativ National“ nur folgerichtig. Denn genau das sind die vier Männer aus Brixen: eine Rockband, alternativ und national. „National“ kurz für: nationalistisch.

„Das ist das Land der Vollidioten / die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat“, singt Sänger und Exparteimitglied der „Freiheitlichen“ – einer Art FPÖ für die deutschsprachige Mehrheit in der zu Italien gehörenden autonomen Region Südtirol – Philipp Burger. Dazu muss man wissen: In Südtirol möchte eine deutschsprachige Mehrheit vom italienischen Staat loskommen. Italien hat zwar den besseren Espresso, aber in Südtirol hat man Geld.

Geld, das in dem montan-kitschigen Landstrich hauptsächlich aus der Tourismusindustrie kommt. Damit einher gehen natürlich Billigarbeitskräfte aus Osteuropa, was wiederum den nationalistischen Diskurs ankurbelt. Womit wir wieder bei Frei.Wild sind.

Das Problem mit dieser Band ist nämlich nicht wie bei Rammstein ein primär Ästhetisches – es geht um tatsächliche Politik. Um scheußliche Dinge wie Heimat, Ehre und Tradition, die vier Rockmusikanten in ein großes, aufnahmebereites Publikum blasen.

Und dafür soll es einen Preis geben? Dass sich Bands wie Kraftklub oder Mia. vom Echo [1][//Das:distanzieren], ist insofern ganz richtig.

Noch richtiger wäre, die Kategorie genauer zu bezeichnen. Am besten wäre es, den Popanz ganz zu lassen. Schon Erfolgreichen Preise hinterherzuwerfen, ist eh doof. Um es mit Tocotronic zu sagen, die einst den von Viva ausgelobten Preis „Jung, deutsch und aufstrebend“ ablehnten: Das Unglück muss zurückgeschlagen werden. Überall.

7 Mar 2013

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