taz.de -- 60 Jahre Bundesamt für Migration: Merkel für Migration und Integration

Mehr Offenheit gegenüber Migranten fordert Kanzlerin Merkel beim Besuch des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Pro Asyl reagiert überrascht.
Bild: Reden ist gut, Handeln ist besser: Angela Merkel in Nürnberg.

NÜRNBERG dpa | Deutschland muss nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Zuwanderer stärker als bisher integrieren. „Es reicht nicht aus, ein Land zu sein mit einer hohen Migrationsquote, sondern wir müssen auch zu einem Integrationsland werden“, sagte Merkel bei einem Festakt zum [1][60-jährigen Bestehen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF)] am Mittwoch in Nürnberg.

Integration stärke nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Zunehmende Vielfalt bedeutet auch eine Bereicherung“, unterstrich die Kanzlerin vor mehreren hundert Zuhörern.

Nach ihren Angaben leben derzeit in Deutschland rund 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. „Für viele der Zuwanderer ist der Aufenthalt in Deutschland kein vorübergehendes Phänomen, wie wir das manchmal glaubten, sondern dauerhafte Realität.“ Die Integrationsanstrengungen müssten daher nach Merkels Einschätzung verstärkt werden. Gute Ansätze sehe sie in den mehr als eine Million Integrationskursen, die das Bundesamt für Migration seit dem Jahr 2005 angeboten habe.

Mit den Integrationsbemühungen müsse sich Deutschland zugleich stärker für Migranten öffnen. Bei der Beurteilung von Migranten dürfe nicht länger die Herkunft eine Rolle spielen. Stattdessen müsse im Vordergrund stehen, welche Erfahrung und welches Wissen sie einbrächten und in welcher Weise Deutschland von ihnen profitieren könne. Bei den Integrationsbemühungen dürften allerdings auch nicht die Augen „vor den Schwierigkeiten verschlossen werden, die sich auf diesem Wege ergeben“, gab Merkel zu bedenken.

Integrationsprojekte für Flüchtlinge vor dem Aus

Offenheit gegenüber qualifizierten Zuwandern sei auch schon wegen des demografischen Wandels in Deutschland erforderlich: „Wir werden weniger, wir werden älter und die Bevölkerungsstruktur wird vielfältiger werden“, prognostizierte die Kanzlerin. Merkel sieht daher auch Unternehmen im Umgang mit ausländischen Stellenbewerbern verstärkt in der Verantwortung.

Überrascht reagierte die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl auf Merkels Forderung, Deutschland zu einem Integrationsland zu machen. Während Merkel Zuwanderern die Hand reiche, beende Merkels Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gerade die Integrationsprojekte für Flüchtlinge mit unsicherem Aufenthaltsstatus, kritisierte die Organisation.

Die Nürnberger Bundesbehörde war im Jahr 1953 mit der Übernahme der Genfer Flüchtlingskonvention gegründet worden. 1965 war sie zunächst in Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge umbenannt worden. Inzwischen firmiert die Bundesbehörde mit verändertem Aufgabenspektrum als Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Sie ist inzwischen auch für die Integration von ausländischen Zuwanderern zuständig.

11 Apr 2013

LINKS

[1] http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Chronik/Bundesamt/bundesamt-node.html

TAGS

Migration
Flüchtlinge
Schwerpunkt Angela Merkel
Immigration
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Zuwanderer
Werbung
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)

ARTIKEL ZUM THEMA

Quote für Menschen mit Migrationsgeschichte: Dringend gebraucht

Der Vorstoß der linken Berliner Sozialsenatorin, 35 Prozent in der Verwaltung für Personen mit Migrationsgeschichte zu besetzen, ist überfällig.

Die CDU will moderner werden: Die Türöffnerin

In der CDU hat sie eine Blitzkarriere hingelegt. Cemile Giousouf soll für ihre Partei in den Bundestag – als erste Abgeordnete mit Zuwanderungsgeschichte.

Debatte Armutsmigration: Das schlechte Gewissen

In Deutschland wird überzogen auf die Zuwanderer aus dem östlichen Europa reagiert. Nur wenige von ihnen beziehen übrigens Hartz IV.

Post vom Bundesamt für Migration: Bitte keine Werbung einwerfen

Jetzt hängt's auch an der taz-Wand: Der tolle Starschnitt von Manfred Schmidt, dem Chef des Bundesamtes für Migration. Sein Konterfei soll was verkaufen. Wir danken.

Tochter von NSU-Opfer schreibt Biografie: Als die glückliche Kindheit endete

Neonazis und Behörden zerstörten den Alltag der Simseks. Die Tochter des NSU-Opfers Enver Simsek schreibt, wie ihr die Heimat fremd wurde.