taz.de -- Bau von Windkraftanlagen: Weniger Ausgleich für Natureingriffe
Einheitliche Regeln sollen den Bau von Windanlagen billiger und einfacher machen. Der Natuschutzbund kritisiert die geplante Verordnung.
BERLIN taz | Wer durch ein Bauvorhaben die Natur beeinträchtigt, muss in Deutschland einen Ausgleich schaffen. Dazu können entweder an anderer Stelle Ökosysteme verbessert werden, etwa durch neu gepflanzte Bäume oder Renaturierung von Ackerflächen. Wenn das nicht möglich ist, kann stattdessen Geld an die Naturschutzbehörde gezahlt werden.
Bisher gelten dafür in jedem Bundesland andere Regeln. Mit einer Verordnung, die am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet wird, sollen sie nun bundesweit vereinheitlicht werden.
Nach Ansicht von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) ist die neue Regelung ein großer Fortschritt. „Sie bringt die Anliegen von Energiewende und Naturschutz erstmals unter einen Hut“, sagte er der taz. Der [1][Naturschutzbund] (Nabu) kritisierte hingegen, dass die Verordnung Naturschutzvorgaben teilweise aufweiche.
In der Begründung für die neue Verordnung, die der taz vorliegt, schreibt das Umweltministerium, Bauvorhaben würden dadurch vor allem „transparenter und effektiver“. Allerdings wird eingeräumt, dass die Naturschutzanforderungen eher sinken: Der Kompensationsbedarf würde „bei überschlägiger Betrachtung im Vergleich zur gegenwärtigen Praxis in den Ländern im unteren Mittelfeld liegen“, heißt es.
Einfacher und preiswerter soll vor allem [2][der Bau von Strommasten und Windrädern] werden: Für den damit einhergehenden Eingriff ins Landschaftsbild ist künftig ausschließlich ein finanzieller Ausgleich vorgesehen. Für ein 200 Meter hohes Windrad werden – je nach Schutzwürdigkeit der Landschaft – 20.000 bis 160.000 Euro fällig. Bisher reichte die Spanne in den Ländern von 20.000 bis 240.000 Euro; zusätzlich waren teilweise ausgleichende Landschaftsmaßnahmen nötig.
Schwaches Schutzniveau
Während der Bundesverband Windenergie die Vereinheitlichung und Erleichterung „grundsätzlich positiv“ sieht, wie Sprecher Matthias Hochstätter der taz sagte, gibt es vom Nabu deutliche Kritik an der neuen Verordnung. „Die Energiewende darf nicht einseitig auf dem Rücken der Natur ausgetragen werden“, sagte Naturschutz-Referent Till Hopf.
Die Verordnung habe ein zu schwaches Schutzniveau und zu große Interpretationsspielräume; darum seien „substanzielle Nachbesserungen“ nötig. Für die könnte der rot-grün dominierte Bundesrat sorgen. Dieser muss der Verordnung noch zustimmen, bevor sie in Kraft treten kann.
23 Apr 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Tausende Fledermäuse sterben jedes Jahr durch Windkraftanlagen. Darunter sind auch Tiere, die nach Südeuropa ziehen.
Vor der Bundestagswahl können sich BUND, Greenpeace, WWF und Nabu nicht auf gemeinsame Kernforderungen an die Parteien einigen.
Ob Windräder im Norden oder Süden stehen, ist laut einer neuen Studie kostenmäßig egal. Nur im Meer sollte weniger gebaut werden
Bessere Koordination, weniger Konflikte: Der Staat plant mit Ökoverbänden und Industrie einen Förderverein für Windkraft an Land.
Windräder kosten Milliarden und ragen hässlich in den Himmel. Geht es auch eine Nummer kleiner? Ja, sagt der Architekt Wolfgang Frey.
Wirtschaftsvertreter kritisieren die Politik der Bundesregierung bei der Offshore-Windenergie und bemängeln den Zustand des Nord-Ostsee-Kanals.
Statt sinnlos zu konkurrieren, sollten Hamburg und Schleswig-Holstein lieber auf Kooperation setzen.
Windmühlen auf hoher See seien in Deutschland ein teurer Irrweg, sagen Verbraucherschützer. Die Branche wehrt sich - und kommt mit dem Ausbau ohnehin nicht voran.