taz.de -- Fabrikeinsturz in Bangladesch: Zwei Stockwerke zuviel
Warum mussten mehr als tausend Menschen sterben? Die Fabrikbesitzer haben beim Bau am Material gespart und Vorschriften missachtet, schlussfolgern die Ermittler.
DHAKA ap | Baumängel und die Missachtung von Bauvorschriften haben zu der Einsturzkatastrophe in Bangladesch geführt, bei der im vergangenen Monat mehr als 1000 Menschen ums Leben kamen. Das teilte der Leiter der Ermittlungskommission, Khandker Mainuddin Ahmed, am Donnerstag mit.
Der Besitzer habe eine „extrem schlechte Qualität von Eisenstäben und Beton“ benutzt, sagte Ahmed, der den Kommissionsbericht am Mittwoch der Regierung zugeleitet hat. Dazu komme „eine Serie von Unregelmäßigkeiten“ wie die nicht genehmigte Errichtung zweier zusätzlicher Stockwerke. Bisher hatte es in Behördenmitteilungen geheißen, Besitzer Sohel Rana hätte nur fünf Stockwerke errichten dürfen.
Die beiden zusätzlichen Etagen vermietete Rana an Bekleidungsfabriken. Das Gebäude sei für industrielle Nutzung und das Gewicht schwerer Textilmaschinen gar nicht ausgelegt gewesen. Die Vibrationen der Maschinen hätten zu dem Einsturz beigetragen.
Die Kommission sprach sich in ihrem Bericht dafür aus, Rana und die Besitzer der Textilfabriken in seinem Gebäude zu lebenslangen Haftstrafen zu verurteilen, sollten sie der Bauverstöße schuldig gesprochen werden. Rana und drei Ingenieure sitzen in Untersuchungshaft.
In dem Gebäude waren mehrere Bekleidungsfabriken untergebracht. Sein Einsturz am 24. April ist eine der folgenschwersten Industriekatastrophen weltweit. Das Gebäude war am Tag des Einsturzes kurzzeitig geschlossen worden, nachdem Arbeiter Risse in Wänden und Säulen bemerkt hatten. Ihre Chefs ordneten aber die Rückkehr an ihre Arbeitsplätze an, auch mit Androhung von Gewalt. Mehr als tausend Menschen ließen bei der Katastrophe ihr Leben.
23 May 2013
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