taz.de -- Angeklagte im NSU-Prozess: Carsten S. antwortet Wohlleben nicht

Im NSU-Prozess will der Angeklagte Carsten S. keine Fragen der Verteidiger seines Mitangeklagten Ralf Wohlleben beantworten. Er will, dass Wohlleben auspackt.
Bild: Der Angeklagte Ralf Wohlleben belastete Carsten S.

MÜNCHEN dpa | Im NSU-Prozess will [1][der Angeklagte Carsten S.] keine Fragen der Verteidiger seines Mitangeklagten Ralf Wohlleben beantworten – obwohl er diesen [2][mit seinen bisherigen Aussagen] massiv [3][belastet] hatte. Das gilt zumindest, so lange sich [4][Wohlleben nicht selbst zur Sache äußert]. Das sei für ihn wichtig, sagte S. am Donnerstag vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG). Er begründete dies mit Waffengleichheit, „dass er hier auch aussagt und seine Geschichte erzählt – dass nicht nur ich mich nackig mache, sondern er auch“.

Der Anwalt von S., Jacob Hösl, betonte, sein Mandant wolle aufklären, habe aber entschieden, dass er Fragen von [5][Wohllebens Verteidigern] erst beantworten wolle, wenn [6][dieser umfassend ausgesagt] habe. „Wir hätten auch eine Menge Fragen“, sagte Hösl. Wohllebens Verteidiger Olaf Klemke lehnte dies ab. „Ich fass' es nicht“, sagte er. „Wir lassen uns nicht erpressen.“

Ansonsten sagte S. noch einmal bereitwillig aus. Nach seiner detaillierten Befragung durch Gericht und Bundesanwaltschaft an den vergangenen Verhandlungstagen antwortete er nun auch ausführlich auf Nachfragen zahlreicher Nebenklage-Vertreter.

S. hat in seinen bisherigen Aussagen vor allem Wohlleben massiv belastet – der ehemalige NPD-Funktionär ist ebenso wie er selbst wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. S. war nach eigenen Aussagen Mittelsmann zwischen Wohlleben und dem untergetauchten NSU-Trio; er sagte vor Gericht aus, im Auftrag Wohllebens [7][eine Pistole mit Schalldämpfer besorgt zu haben]. Damit wurden laut Anklage neun Kleinunternehmer ausländischer Herkunft ermordet. Der 33-jährige Sozialpädagoge ist seit langem aus der Neonazi-Szene ausgestiegen.

13 Jun 2013

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